Weitere Missbrauchsfälle Tägliche Übergriffe in einem DDR-Kinderheim

Die kürzlich öffentlich gewordenen Missbrauchsfälle an deutschen Schulen ermutigen offenbar immer mehr Betroffene, ihr Schweigen zu brechen. Nach neuen Hinweisen wird nun auch Verdachtsfällen im hessischen Bensheim und sächsischen Eilenburg nachgegangen.

Die Serie von Missbrauchs- und Misshandlungsfällen an deutschen Schulen und Kinderheimen reißt nicht ab. Nun wurde bekannt, dass es in einem katholischen Internat im südhessischen Bensheim Zeugenaussagen zufolge bis Ende der 70er-Jahre zu sexuellem Missbrauch und Misshandlungen von Schülern gekommen sei. In diesem Zeitraum sollen auch in einem Kinderheim in Sachsen Kinder missbraucht worden sein.

Wie das zuständige Bistum Mainz am Mittwoch berichtete, richten sich die Vorwürfe im Fall Bensheim gegen den ehemaligen Leiter des 1981 geschlossenen Konvikts sowie einen dort tätigen Priester. Erhoben hätten die Vorwürfe ein ehemaliger Mitarbeiter sowie ein früherer Schüler der Einrichtung. Das Bistum schaltete die Staatsanwaltschaft ein.

Ehemalige des Konvikts sollen sich melden

Der Schulleiter, bei dem es sich nicht um einen Priester handelte, sei 1979 aus dem Dienst des Bistums ausgeschieden, sagte ein Sprecher des Bistums. Der Priester habe nach der Schließung der Einrichtung als Gemeindepfarrer gearbeitet und sei inzwischen im Ruhestand. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs richte sich gegen den damaligen Schulleiter. Dagegen werde der Priester beschuldigt, Schüler aus nichtigem Anlass geprügelt zu haben.

Das Knabenkonvikt war ein Internat für Schüler, die ein Gymnasium in Bensheim besuchten. Der Bistumssprecher sagte, die Aktenlage sei schwierig. Daher seien alle ehemaligen Schüler des Konvikts aufgerufen, sich an das Bistum oder die Staatsanwaltschaft zu wenden, sofern sie konkrete Angaben zu den Vorwürfen machen könnten. Das Bistum sei zu einer sorgfältigen Aufklärung in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft bereit.

Schikanen in DDR-Kinderheim

In Sachsen richtet sich der Verdacht laut einem Pressebericht auf das Ernst-Schneller-Heim für sogenannte erziehungsauffällige Kinder. Dort sollen sich nach Angaben eines ehemaligen Heimbewohners in den Jahren 1970 bis 1980 - also zu DDR-Zeiten - täglich sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche ereignet haben, berichtet die "Leipziger Volkszeitung". Die Opfer hätten mehrmals täglich sexuelle Belästigungen über sich ergehen lassen müssen. So hätten Kinder beispielsweise nackt zum Duschraum laufen müssen und seien dabei geschlagen und im Intimbereich berührt worden.

Die Caritas hatte das Heim nach der Wende 1994 übernommen. Mitarbeiter aus der Zeit sind nach seinen Angaben nicht mehr im Heim beschäftigt. Der heutige Leiter sagte der "Leipziger Volkszeitung", er könne die aktuellen Vorwürfe nicht ausschließen. Er habe sich bereit erklärt, für eventuelle Opfer zur Verfügung zu stehen. Auch das Landratsamt Nordsachsen habe Hilfe angeboten. In der Vergangenheit hat es bereits mehrfach Berichte über Schikanen und Gewalt in Kinderheimen und Jugendwerkhöfen in der DDR gegeben. In einzelnen Fällen mussten sich Erzieher deswegen vor Gericht verantworten.

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DPA/APN/AFP

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