Nach dem Ende der deutschen Luftbrücke hat das Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte wenig Hoffnung, die ehemaligen Helfer der deutschen Truppen noch aus Kabul raus zu schaffen.
Video Ich bin da sehr emotional - Deutsche Helfer sehen kaum noch Chancen für Ortskräfte in Afghanistan

Der Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Kabul ist beendet. Die flog laut Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer insgesamt mehr als 5.300 Menschen aus, darunter rund 500 Deutsche und mehr als 4.000 Afghanen. Insgesamt 10.000 Afghanen sind der Bundesregierung zufolge als schutzwürdig eingestuft. Der Leiter des Patenschaftsnetzwerks Afghanische Ortskräfte, Marcus Grotian, sieht kaum noch Chancen, die Ex-Helfer der deutschen Truppen noch aus der afghanischen Hauptstadt zu bringen. Im Interview am Freitag verweist er auch auf die große Gefahr für die Zurückgelassenen. "Also wenn alle Menschen afghanischer Nationalität, die in den Flugzeugen waren, Ortskräfte waren und ihre Familienangehörigen, was wir wissen, dass nicht der Fall ist, dann haben wir immer noch circa 50 Prozent der Ortskräfte zurückgelassen, auch aufgrund der Tatsache, dass die Personengruppe dann letztendlich immer mehr gewachsen ist in den letzten Tagen. Was dann aber nicht mehr dazu geführt hat, dass die dann auch irgendwie eine Chance hatten. Nur weil man vor zwei Tagen entschieden hat, dass gewisse Menschen jetzt auch antragsberechtigt sind oder in ein Flugzeug hätten steigen dürfen, das hat die Kapazität nicht erhöht. Und die Chance dieser Menschen war gleich null, und dementsprechend sind die jetzt auch immer noch da." "Die Möglichkeit für Ortskräfte Deutschlands rauszufliegen, ist jetzt ja nicht mehr vorhanden. Das deutsche Kontingent hat abgebaut und ist da nicht mehr vorhanden. Deshalb, die sind natürlich verbittert und frustriert und auch hoffnungslos. Denn so richtig, wie es jetzt weitergehen soll, wissen sie alle nicht." "Also schnell und einfach wird es da gar nichts geben. Und für uns ist das Problem, dass viele Ortskräfte in den letzten Tagen erst antragsberechtigt für Visa oder zu dem berechtigten Kreis hinzugefügt wurden und die natürlich auch nicht alle - oder viele von denen haben die nötigen Papiere gar nicht, mussten sie vielleicht schon abgeben, sind beim dritten Mal durch den Checkpoint bei den Taliban gehen, wurde ihnen etwas weggenommen oder sie haben es weggeworfen. Das sind halt alles Rahmenbedingungen, die machen es nicht einfacher." "Uns ist bekannt, dass der Bruder einer Ortskraft erschossen worden sein soll von den Taliban. Das lässt sich, wie gesagt, alles nicht verifizieren. Aber Racheakte soll es geben, temporär oder lokal. Und das kann man alles nicht mehr aufklären. Und wie das denn so sein wird, wenn wir in zwei, drei, vier, fünf Wochen nach Afghanistan blicken - uns graust davor." "Ich bin da sehr emotional. Ich bin da sicherlich nicht die objektivste Quelle. Aber vielleicht macht das das ja auch ein bisschen authentisch, dass es hier um Menschenleben geht und ging, die wir aufnehmen wollten und es nicht geschafft haben, die in Sicherheit zu bringen als eines der reichsten Länder der Welt. Das ist halt eine Rahmenbedingung, die, wenn man sich anguckt, wie viel Zeit und Energie in diesen Einsatz geflossen ist, dass man dann am Ende es nicht geschafft hat, 2.000 Menschen, die visaberechtigt gewesen wären, in zwei Monaten zu einem Visa zu verschaffen. Da bin ich baff erstaunt."