"Kursk"-Untergang Katastrophe ohne Konsequenzen

Nach dem Untergang des Atom-U-Bootes "Kursk" versprach die russische Marine lückenlose Aufklärung. Fünf Jahre später sind die Untersuchungen abgeschlossen - doch der Kreml verheimlicht der Öffentlichkeit die genauen Ursachen der Tragödie.

Das glückliche Ende der jüngsten U-Boot-Havarie in Russland hat 118 Familien im Land schmerzhaft an eine frühere Marine-Tragödie erinnert. Vor fünf Jahren, am zwölften August 2000, löste ein defekter Torpedo an Bord des Atom-U-Boots "Kursk" in der Barentssee schwere Explosionen aus, in deren Folge alle 118 Mann Besatzung ums Leben kamen. Eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse und bessere Sicherheitstechnik für die Marine versprach die Führung damals. Weder das eine noch das andere ist nach Ansicht von Kritikern erfüllt worden.

Die meisten Angehörigen der 118 getöteten Seeleute haben sich mit der Realität abgefunden: Das Wrack der "Kursk" ist gehoben und verschrottet, fast alle Matrosen fanden ein Grab an Land, und der Untersuchungsbericht zur Ursache des Desasters bleibt aus angeblichen Sicherheitsgründen für 25 Jahre geheim.

Explosionen im Torpedoraum

Am zwölften August 2000 nimmt eine Tragödie ihren Lauf, die über Wochen die ganze Welt in Atem hielt. An jenem Samstag registrieren norwegische Seismologen gegen 9.30 Uhr MESZ zwei Explosionen in der Barentssee. Dort hält die russische Nordflotte ein Manöver ab. Als sich das hochmoderne U-Boot K-141, die "Kursk", nach zwölf Stunden nicht zu einem vereinbarten Funkkontakt meldet, beginnt eine geheime Suchaktion.

Die russische Öffentlichkeit erfährt erst zwei Tage später, dass ein U-Boot in Not geraten ist. Mit ungeeigneter Technik misslingen die ersten Rettungsversuche. Wider besseres Wissen berichtet die Marineführung noch, die Mannschaft sei wohlauf.

Wassereinbruch am vierten Tag

Erst am vierten Tag überwindet die russische Marine ihren Stolz und die Angst vor Spionage und bittet ausländische Experten um Hilfe. Eine Woche nach dem Unfall der "Kursk" treffen norwegische und britische Retter in der Barentssee ein. Tiefseetaucher finden das Wrack in 110 Meter Tiefe vollständig geflutet vor. Der Tod der gesamten Mannschaft wird bestätigt.

Der neue Präsident Wladimir Putin muss sich bei einem Treffen mit Angehörigen schwere Vorwürfe wegen des miserablen Zustands der Marine und ihrer U-Boote anhören. Die Medien kritisieren, dass er in der ersten Woche des Dramas seinen Urlaubsort am Schwarzen Meer nicht verlassen hat.

Täuschung über Ursachen

Lange Zeit beharrte die Marineführung auf ihrer Version, die über 150 Meter lange "Kursk" sei nach einer Kollision mit einem U-Boot der Nato gesunken. Doch spätestens als das Staatsfernsehen Bilder von der völlig verwahrlosten Heimatbasis der "Kursk" zeigt, ahnen viele Russen, dass mit der eigenen Technik nicht alles in bester Ordnung sein kann. Es dauert fast zwei Jahre, bis die Ursache amtlich ist: Ein eigener defekter Torpedo habe an Bord eine Kettenreaktion aus Explosionen ausgelöst und die Katastrophe verursacht, heißt es im Abschlussbericht der Regierungskommission.

Weil nur die Schlussworte des Berichts veröffentlicht werden durften, sind die genauen Ursachen für die Explosion bis heute unklar. Einer der Offiziere soll bereits vor dem Auslaufen der "Kursk" einen defekten Torpedo an Bord gemeldet haben. Weil aber der Kran in Widjajewo nicht einsatzfähig war und man keine Verzögerung in Kauf nehmen wollte, sei die Meldung übergangen worden, berichteten Medien. Ein Strafverfahren wurde später eingestellt.

Zwar mussten einige ranghohe Militärs ihre Posten räumen, doch von einer Degradierung kann keine Rede sein. Der damalige Chef der Nordflotte, Wjatscheslaw Popow, sitzt nun als Vertreter des Gebietes Murmansk im Föderationsrat. Sein damaliger Stellvertreter, Vizeadmiral Michail Mozak, erhielt von Putin die lukrative Aufgabe zugesprochen, das nordwestliche Verwaltungsgebiet um die Stadt Sankt Petersburg zu kontrollieren.

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Stefan Voß/DPA

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