Abhörskandal um Murdochs "News of the World" Brooks gegen Kaution wieder auf freiem Fuß

Rücktritt des Scotland-Yard-Chefs, Festnahme der früheren "News of the World"-Chefredakteurin: Der Abhörskandal hält Großbritannien weiter in Atem. Rebekah Brooks, die Ex-Chefin des Boulevardblattes, ist wieder auf freiem Fuß, Premier David Cameron kehrt vorzeitig von einer Afrika-Reise zurück.

Der Abhörskandal um die inzwischen eingestellte britische Boulevardzeitung "News of the World" weitet sich immer mehr aus. Scotland-Yard-Chef Paul Stephenson trat am Sonntagabend wegen der Vorwürfe der Verstrickung seiner Behörde in die Affäre von seinem Amt zurück. Die Polizei in London nahm die frühere Chefredakteurin des Blattes und enge Vertraute von Verleger Rupert Murdoch, Rebekah Brooks, zwischenzeitlich fest. Premierminister David Cameron kündigte unterdessen Medienberichten zufolge an, wegen des Skandals eine Afrika-Reise zu verkürzen.

Brooks erschien am Sonntag nach einer Vorladung bei der Polizei und wurde dann festgenommen. Nach zwölfstündiger Befragung wurde sie gegen Mitternacht gegen Zahlung einer Kaution auf freien Fuß gesetzt, teilte die Polizei mit. Sie muss Ende Oktober wieder auf einer Polizeistation vorstellig werden. Die 43-Jährige war zur Zeit des Abhörskandals für die "News of the World" verantwortlich, bis zu ihrem Rücktritt am Freitag war sie Chefin von Murdochs britischer Zeitungsgruppe News International. Laut Polizei steht Brooks unter Verdacht, für die Bestechung von Polizisten und das Abhören von Mailboxen mitverantwortlich zu sein.

Brooks war die zehnte Verdächtige, die im Zusammenhang mit der Affäre festgenommen wurde. Sie soll eigentlich am Dienstag gemeinsam mit Rupert Murdoch und dessen Sohn James vor dem Medienausschuss des Unterhauses zum Abhörskandal Rede und Antwort stehen, nach ihrer vorläufigen Festnahme sagte ihr Sprecher aber, dies stelle ihr Erscheinen in Frage.

Stephenson: "Habe mir nichts vorzuwerfen"

Paul Stephenson, Chef der Metropolitan Police, wie Scotland Yard offiziell heißt, begründete seinen Rücktritt in einer live vom Fernsehen übertragenen Stellungnahme mit den "Spekulationen und Anschuldigungen" über Verbindungen von seiner Behörde zur Zeitungsgruppe News International. Er habe sich aber nichts vorzuwerfen, betonte Stephenson.

Der Polizeibehörde wird vorgeworfen, trotz erster Vorwürfe gegen "News of the World" im Jahr 2005 den Abhörskandal nicht aufgedeckt zu haben. Stephenson selbst wird mit dem vor wenigen Tagen festgenommenen ehemaligen "News of the World"-Vizechefredakteur Neil Wallis in Verbindung gebracht. Der Polizeichef soll Berichten zufolge Anfang des Jahres fünf Wochen in einem Luxus-Wellness-Hotel verbracht haben, als dessen PR-Berater Wallis arbeitete. Scotland Yard hatte zudem zugegeben, dass Wallis nach seinem Wechsel in die PR-Branche eine Zeitlang als Berater für die Polizei gearbeitet hatte.

Cameron verkürzt Afrika-Reise

Premierminister David Cameron bedauerte den Rücktritt Stephensons. Dies sei ein "trauriger Moment für ihn". Cameron selbst steht wegen seiner einst engen Kontakte zu Murdoch-Medien in der Kritik. So machte er einen ehemaligen Chefredakteur der "News of the World", Andy Coulson, zu seinem Sprecher. In einer Spitze gegen Cameron sagte Stephenson bei seiner Rücktrittserklärung, anders als Coulson habe Wallis bei der "News of the World" nicht zurücktreten müssen und werde auch nicht mit den ursprünglichen Ermittlungen wegen des Abhörens von Mailboxen in Verbindung gebracht.

Cameron wird nach einem Bericht des "Guardian" eine Reise nach Afrika verkürzen, er wolle sich "in die Ermittlungen einschalten". Anstatt vier Tage, halte sich der Regierungschef nur zwei Tage in Afrika auf und besuche lediglich die Länder Südafrika und Nigeria. Besuche im Sudan und Ruanda seien abgesagt worden. Die "Financial Times" berichtete, Cameron kehre nach Großbritannien zurück, um Vorwürfe abzuwehren, sich während des Skandals nicht im Lande aufzuhalten.

Murdoch entschuldigt sich in Anzeigen

Die "News of the World" war im Zuge immer neuer Enthüllungen um das Abhören von Handy-Mailboxen tausender Menschen, darunter Verbrechensopfer und Prominente, vor einer Woche eingestellt worden. Murdoch schaltete am Wochenende große Anzeigen in der Presse, in denen er sich für den Skandal entschuldigte.

Reuters
dho/AFP/Reuters

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