Atomkatastrophe von Fukushima Arbeiter stopfen Leck an Atomruine

Nach vielen erfolglosen Anläufen ist ein Leck an der Atomruine von Fukushima endlich dicht. Aus dem Riss strömt vorerst kein stark verstrahltes Wasser mehr ins Meer. Doch der Kampf gegen den Super-GAU geht weiter.

Kleiner Hoffnungsschimmer im Katastrophen-Kraftwerk: Die Arbeiter in der Atomruine Fukushima haben ein gefährliches Leck abgedichtet. Durch den Riss in der Betonwand eines Kabelschachtes fließe nun kein radioaktiv verseuchtes Wasser mehr in den Pazifik, berichteten japanische Medien. Das Stopfen des Lecks gilt deshalb zwar als Erfolg. Unklar ist aber, ob die Abdichtung mit sogenanntem Wasserglas halten wird und ob es noch andere Lecks im Kraftwerk gibt. Die Folgen der Strahlenbelastung für das Ökosystem im Pazifik dürften erst nach und nach zutage treten.

Auch an den Reaktoren selbst ist die Lage noch immer schwierig. Um weitere Explosionen zu verhindern, will der Betreiber Tepco Stickstoff in einen Meiler leiten. Wie die japanische Zeitung "Yomiuri Shimbun" unter Berufung auf das Unternehmen berichtete, soll damit voraussichtlich am Mittwochabend begonnen werden. Es bestehe die Gefahr, dass sich durch die beschädigten Brennstäbe Wasserstoff im Reaktorgebäude angesammelt habe. Solcher Wasserstoff hatte schon zu Beginn der Krise zu Explosionen geführt.

Experten geben keine Entwarnung

Trotz des Fortschritts im Kampf gegen das Wasser wollen Experten noch keine Entwarnung geben. Die japanische Atomaufsicht hat Tepco angewiesen, zu beobachten, ob das Leck wirklich dicht ist und das verseuchte Wasser nicht anderswo ausläuft, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Der Physiker Volker Erbert äußerte sich im ZDF kritisch. "Dicht sein und dicht bleiben ist ein Unterschied", sagte er dem Sender. Die Masse kann zum Beispiel spröde werden. In sehr heißer Umgebung ist es auch möglich, dass ausgehärtetes Flüssigglas wieder zu schmelzen beginnt.

52 Arbeiter hatten rund 6000 Liter des Mittels auf der Basis von Flüssigglas in einem langen Nachteinsatz an 8 Stellen im Bereich des betreffenden Schachts gegossen. Zuvor waren Versuche gescheitert, das Leck mit Zement oder mit anderen chemischen Bindemitteln zu stopfen. Um die Gefahr neuer Löcher einzudämmen, erwägt der Betreiber, die Abwasserzugänge mit Stahlplatten zu versperren. Die jetzt gestopfte undichte Stelle befindet sich nicht am Reaktor selbst, sondern an einem Schacht an einem Turbinengebäude.

Das stark verseuchte Wasser, das tagelang aus dem Riss gesprudelt war, stammt nach Einschätzung von Tepco aus Reaktor 2. Dort gab es an den Brennstäben eine vorübergehende Kernschmelze. Das Abwasser sammelte sich später in dem Turbinengebäude von Reaktor 2 sowie in angeschlossenen Untergrundschächten, die bis in die Nähe des Ufers reichen.

Japan will andere Länder besser informieren

Auch in anderen Teilen der Atomanlage steht noch viel Wasser, das zur Kühlung in die Gebäude gespritzt worden war. Um Platz für die hochgradig verseuchte Brühe zu schaffen, leitet Tepco seit Montag 11.500 Tonnen anderes, schwach verstrahltes Wasser ins Meer. Die japanische Regierung kündigte nach Kritik zum Beispiel aus Südkorea an, andere Länder künftig besser über die Situation und Maßnahmen in der Atomruine zu informieren.

Die Strahlung im Ozean ist an einigen Messpunkten nahe der Anlage stark erhöht. Bei einer Untersuchung war am vergangenen Samstag eine Konzentration von Jod-131 gemessen worden, die um das 7,5 Millionenfache über dem gesetzlichen Grenzwert lag.

Wie sich der aktuelle Zufluss von radioaktivem Wasser weit draußen auf dem Meer auswirke, werde sich erst in etwa zehn Tagen zeigen, sagte der Sprecher des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts, Michael Welling. Die Experten betonen regelmäßig, dass sich die Radioaktivität im Meer stark verdünnt. Ein japanisches Forschungsschiff nimmt rund 30 Kilometer von der Küste entfernt Proben. Dort seien die Messewerte in den vergangenen Tagen wieder rückläufig gewesen, sagte der Experte.

Tepco denkt über Entschädigungsfonds nach

Bis zu einer möglichen Verstrahlung von Speisefischen weit draußen auf dem Ozean könnten seiner Einschätzung nach noch Wochen oder sogar Monate vergehen. Sie stünden weit oben in der Nahrungskette und nähmen die Belastung weniger über das Wasser, sondern vielmehr über ihre Nahrung auf, sagte Welling.

Mit Blick auf die Opfer der Atomkatastrophe denkt Tepco über einen Entschädigungsfonds nach. Wie die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press am Mittwoch meldete, würden sich sowohl der Betreiber als auch der Staat daran beteiligen. Wie viel Geld die Opfer am Ende bekommen könnten, wird noch geprüft. Es sind nicht nur die Bewohner der Risikozone um das AKW betroffen, sondern auch Landwirte und Fischer. Auch Firmen erlitten enorme Schäden.

In der Stadt Fukushima in der gleichnamigen Provinz, wo auch das havarierte Kernkraftwerk steht, wurden am Mittwoch mehrere Kinder aus der Evakuierungszone in für sie neue Grundschulen eingeschult, meldeten lokale Medien. Sie lebten ursprünglich innerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone nahe der Atomruine Fukushima Eins. Seit Beginn der Erdbeben-Katastrophe vom 11. März hausen sie in Flüchtlingslagern.

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