Flutkatastrophe "Ich weiß jetzt, dass sie tot ist"

Drei Wochen nach der todbringenden Flut geben die Angehörigen die Suche nach den Vermissten allmählich auf. Viele Touristen haben keine Wahl und müssen zurück - für die Einheimischen bleibt der Tod allgegenwärtig.

Tagelang sind sie durch Trümmerlandschaften an der thailändischen Küste gestreift, haben sich unzählige Fotos von Leichen angesehen, dutzende Krankenhäuser aufgesucht. Doch schließlich, drei Wochen nach der Todeswelle, haben die Kanadier Catherine und David Smith die Suche nach ihren beiden Freuden eingestellt.

"Letzte Unsicherheit beseitigt"

Es waren zwei Dinge, die die Smiths letztlich zum Aufgeben brachten: Eine Krankenschwester teilte ihnen mit, dass alle Leichen in den Krankenhäusern der Region identifiziert worden seien. Und dann schauten sich Catherine und David das Hotel in Khao Lak an, in dem ihre Freunde John und Jackie Knill vor ihrem Verschwinden am 26. Dezember gewohnt hatten. "Das Hotel war verschwunden", erzählt David. "Das hat unsere letzte Unsicherheit beseitigt."

Also hielten die Smiths mit zwei Verwandten von John und Jackie einen Gottesdienst am Strand von Khao Lak, um von ihren Freunden Abschied zu nehmen. Mit einem buddhistischen Gebet. Anschließend warfen sie Blumen ins Meer. "Wir sagten Lebwohl. Die ganze Zeit blickten wir auf die Brandung, alles war so, wie es sein sollte", sagt David. "Es war wunderschön."

Nachdem der Tsunami die Küsten in Südostasien heimgesucht hatte, wurden viele der mehr als 160.000 Toten hastig in Massengräbern beigesetzt oder verbrannt. Einen großen Teil der Opfer riss die Welle mit in den Ozean. Allein auf Sumatra riss der Tsunami mehr als 110.000 Menschen in den Tod, tausende gelten noch als vermisst. Die Zahl der verschollenen Deutschen ist nach Angaben des Auswärtigen Amts leicht um 29 auf 639 Personen gesunken. Sie könnte aber wieder steigen, wenn weitere Vermisstenanzeigen aufgegeben werden. Immer noch sind erst 30 Tote identifiziert. 300 Deutsche wurden verletzt. Auch wenn einige Leichen später exhumiert wurden, um ihnen DNA-Proben zu entnehmen: 20 Tage nach der beispiellosen Katastrophe geben fast alle, die noch hofften, die Suche nach den Verschwundenen auf.

Viele Touristen haben keine Wahl: Sie müssen zurück nach Hause, um ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Die Rückkehr in den Alltag kann die Verarbeitung des Traumas unterstützen. Für die Einheimischen dagegen sind Tod und Verwüstung allgegenwärtig. Die Beseitigung der Spuren, die die Welle hinterlassen hat, wird in manchen Regionen Jahre dauern.

"Viele fühlen sich schuldig"

In thailändischen Touristengebieten wie Phuket sind die Leichenhallen, Krankenhäuser oder Informationszentren nicht mehr von weinenden Menschen gefüllt, die ihre Angehörigen oder Freunde suchen. Aber in Sri Lanka, wo 12.000 der 31.000 Opfer Kinder waren, dauert die Suche noch an. "Die Eltern können nicht aufgeben", sagt die Therapeutin Tahirih Qurratulayn von der Organisation Save the Children. "Viele fühlen sich schuldig, weil sie die in ihren Augen wichtigste Elternpflicht nicht erfüllen konnten: Ihre Kinder zu schützen."

Der Schwede Carl Michael Bergman war vor der Küste von Khao Lak Tauchen, als der Tsunami heranrollte. Er schaffte es danach sicher zum Strand. Sein dreijähriger Sohn Nils war auf einer Elefanten-Safari, auch er überlebte. Doch seine Frau Cecilia und der 18 Monate alte Hannes wurden von der Flut mitgerissen, als sie am Strand spielten. Hannes konnte von Einheimischen wie durch ein Wunder geborgen werden, von Cecilia fehlte jede Spur.

Nachdem er mit den Menschen gesprochen, alle Leichenhallen und Krankenhäuser durchsucht hatte, malte Carl Michael schließlich eine Art Landkarte. Er zeichnete ein, wo seine Frau mit dem Kleinkind spielte, als die Welle kam. Er zog eine Linie von ihrem Fluchtweg und markierte die Stelle, wo ihre beige Tasche gefunden wurde, mit einem X. Am vergangenen Donnerstag, kurz bevor sein Rückflug nach Stockholm gehen sollte, traf er sich mit dem Manager des zerstörten Mukdara Strandhotels.

<zwti>Heimreise ohne die Liebsten

Der Manager sagte, er habe sein Hotel kurze Zeit nach dem Desaster besichtigt, und er habe dort die nackte Leiche von Cecilia gesehen. Ihr Bandeanzug sei offenbar von der Gewalt der Welle fortgerissen worden. Man habe die Tote in eine Leichenhalle gebracht, aber er wisse nicht, in welche. Carl Michael weinte nicht mehr, als er es erfuhr. Das hat er schon zu oft getan in den vergangenen Tagen. Als er zum Flughafen aufbrach, winkten ihm einige Thailänder zum Abschied. "Du gehst? Mach's gut!", riefen sie aus einem Cafe. "Sie ist tot. Jetzt weiß ich es", antwortete er ihnen. Dann nahm er seine Taschen und trat die Heimreise an.

AP
Miranda Leitsinger/AP

PRODUKTE & TIPPS