Die Debatte um Abtreibungen in den USA ist stark aufgeladen. Konservative Kräfte und religiöse Fundamentalisten im ganzen Land möchten die Rechte von Frauen, frei über ihre Körper zu entscheiden, einschränken. Aktivistinnen wehren sich lautstark, setzen sich auf Demonstrationen für ihre Rechte ein. Es steht viel auf dem Spiel: Abtreibungen werden in den USA derzeit an höchster Stelle im Obersten Gerichtshof diskutiert.
Mitten hinein in die aufgeheizte gesellschaftliche Debatte kommt jetzt eine Entscheidung, die den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen erleichtert. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde macht den Zugang zu Abtreibungspillen einfacher.
Keine weiten Fahrten mehr für eine Abtreibung
Die neue Regelung erlaubt es Frauen, per Telemedizin einen Termin mit einem Anbieter auszumachen, der Abtreibungspillen verschreiben kann. Dieser kann die Pillen dann direkt per Post an die Patientin schicken. Das erleichtere Frauen den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, die sonst eine weite Fahrt in eine Abtreibungsklinik hätten in Kauf nehmen müssen oder die eine Abtreibung Zuhause bevorzugten, berichtet die "New York Times".
Für den Vorgang braucht es zwei Medikamente mit den Wirkstoffen Mifepristone und Misprostol, die über mehrere Tage genommen werden müssen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte die Vorgabe, Mifepristone einzig vor Ort und direkt abzugeben, in diesem Jahr bereits ausgesetzt. Der Grund war Corona. Die Abgabe des Medikaments aus der Ferne sollte zunächst nur für die Zeit der Pandemie gelten. Jetzt bleibt sie dauerhaft.
Die BBC zitiert Georgeanne Usova von der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) mit den Worten: "Die Entscheidung der Arzneimittelbehörde wird für zahllose Patientinnen mit Abtreibungen und Fehlgeburten eine enorme Erleichterung darstellen."
Einige Bundesstaaten haben ihre Gesetze bereits verschärft
Kritik an der Entscheidung von Abtreibungsgegnerinnen und -gegnern ließ nicht lange auf sich warten. Und viele Staaten haben bereits entsprechende, strengere Gesetze. In 19 Staaten, vor allem im Süden und Mittleren Westen der USA, sind Ferndiagnosen für medizinische Abtreibungen verboten. Gemäß "New York Times" ist damit zu rechnen, dass diese und andere konservative Staaten Gesetze erlassen werden, um den Zugang zu Abtreibungspillen weiter einzudämmen.
Die Zeitung zitiert Elizabeth Nash vom Guttmacher Institute, einer Forschungsorganisation, die Abtreibungsrechte unterstützt. Sie sagt, dass dieses Jahr – vermutlich in Erwartung einer solchen Entscheidung – sechs Bundesstaaten das Versenden von Pillen per Post verboten hätten und sieben Staaten Gesetze erlassen hätten, dass Pillen in persona erworben werden müssen.
Insbesondere ein umstrittenes, sehr strenges Abtreibungsgesetz aus Texas hatte zuletzt für Schlagzeilen gesorgt. Außergewöhnlich an dem Gesetz ist, dass es Privatpersonen ermöglicht, zivilrechtlich gegen alle vorzugehen, die bei einer Abtreibung helfen. Die Regelung ermöglicht Klagen gegen eine ganze Reihe von Personen – vom Taxifahrer, der eine Frau zur Klinik fährt, bis hin zu Eltern, die ihre Tochter finanziell bei der Abtreibung unterstützen.
Mitte Dezember entschied das Oberste Gericht der USA, das strenge Abtreibungsgesetz in Texas vorerst in Kraft zu lassen. Es erlaubt Anbietern von Schwangerschaftsabbrüchen aber Klagen dagegen. Grundsätzlich sind Abtreibungen nach einem Grundsatzurteil des Supreme Court von 1973 in den USA bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Unter Ex-Präsident Donald Trump war das Oberste Gericht durch personelle Neubesetzungen mit einer klaren konservativen Mehrheit ausgestattet worden.
Quellen: New York Times, BBC