Der Abschied fiel Mauro Morandi wahnsinnig schwer. Mehr als 33 Jahre lang hatte der Italiener auf der einsamen Insel Budelli vor der sardischen Küste verbracht – in einer Steinhütte, fernab von jeder modernen Zivilisation und anderen Menschen. Damit war er als "italienischer Robinson Crusoe" bekannt geworden. Nach jahrelangen Streitereien mit Behörden, die ihn von der Insel verdrängen wollten, gab Morandi im Frühjahr dieses Jahres schließlich den Kampf auf.

Für den 81-Jährigen bedeutete das die Rückkehr in eine Welt, die er nicht (mehr) kannte. Statt in seiner Hütte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs lebt er nun in einer kleinen Wohnung auf der Insel La Maddalena. Man sollte meinen, dass einem Mann mit dieser Geschichte und in diesem Alter die Umstellung schwerfallen sollte. Doch offenbar ist genau das Gegenteil der Fall. Mauro Morandi fühlt sich mit seinem neuen Leben pudelwohl, erzählte er dem US-Fernsehsender CNN.
Morandi genießt die Gesellschaft von Menschen
"Ich bin der lebende Beweis, dass ein zweites, ein neues Leben möglich ist", schwärmt Morandi. "Man kann immer noch mal von vorn anfangen, selbst wenn man schon älter als 80 Jahre ist. Es gibt immer noch neue Dinge, die man erleben kann." Ganz abgeschieden vom Rest der Welt hat er zwar auch als Eremit nicht gelebt, unter anderem hatte er auch einen Facebook-Account betrieben. Und doch waren über die Jahrzehnte in erster Linie Vögel und Bäume seine Gefährten gewesen.
Wie kommt so jemand in der Gesellschaft von Menschen zurecht? Für Mauro Morandi scheint das kein Problem darzustellen. Im Gegenteil: Er genießt das Miteinander geradezu. Er fokussiere sich nun darauf, "mit anderen Menschen zu kommunizieren und anderen Menschen nahe zu sein", so Mordani zu CNN. Auf seiner einsamen Insel hatte er lange mit so gut wie niemandem geredet. Die Stille von Budelli fehlt ihm manchmal, gibt er zu, besonders die Geräusche aus dem Straßenverkehr empfindet er noch als störend. Doch alles in allem hat er sich gut akklimatisiert.
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Eine Dusche ist für ihn Luxus
Bevor Morandi sich 1989 auf die Insel zurückgezogen hatte, hatte er als Lehrer gearbeitet. Von der Pension, die er bezieht, kann er sich eine Wohnung mit den wichtigsten Einrichtungsgegenständen leisten. Wobei das relativ ist: Morandi ist bescheiden, nach so vielen Jahren in der Einöde ist für ihn eine Dusche bereits Luxus. Und noch etwas genießt Morandi in vollen Zügen: das Essen. Auf Budelli musste er stets darauf warten, dass ein Boot ihn mit Lebensmitteln versorgt, jetzt kann er jederzeit selbst auf dem Markt oder in Geschäften einkaufen. Vor allem genießt er es, endlich wieder Fisch essen zu können.
Langweilig wird Morandi sicherlich nicht. Er trifft alte Freunde wieder, lernt die Bewohner der Stadt kennen und arbeitet außerdem an seiner Autobiografie. Darin wird er auch erzählen, wie es dazu kam, dass er für so lange Zeit der zivilisierten Welt entsagte: Eine Bootspanne auf einem Segeltrip zwang ihn vor 32 Jahren zu einer Pause auf Budelli. Morandi war sofort von der Schönheit und Ruhe der Insel begeistert und übernahm den Posten des Inselwächters, der ohnehin aufhören wollte.
Damals gehörte die Insel einer privaten Firma. Nachdem diese pleitegegangen war, ging die Insel wieder in öffentlichen Besitz über. Die Behörden drängten Morandi dazu, die Insel zu verlassen, weil seine Steinhütte umgebaut werden müsse. Nach jahrelangem Hin und Her gab Morandi schließlich nach und räumte seinen Platz voller Widerwillen. Mittlerweile jedoch scheint er seinen Frieden gefunden zu haben.
Quelle: CNN