Gerichtsurteil Diskriminierung durch japanische Regierung: Verbot von "Homo-Ehen" verfassungswidrig

Kultur und Corona: Ein bisschen wie im Sexkino: Guckloch-Theater macht Aufführungen möglich
© Reuters
Sehen Sie im Video: Theater entwirft Bühne, auf der trotz Corona gespielt werden kann.




Bei Kabinen und Gucklöchern denkt man eher nicht an Theaterkunst. Das ungewöhnliche Zuschauen durch Briefschlitze und Gucklöcher hier im japanischen Nagoya ist der Corona-Pandemie geschuldet. Das Moonlight Mobile Theater verwendet eine kreisförmige Bühne. Das Publikum beobachtet die Aufführung hinter geschlossenen Türen, erklärte der künstlerischer Leiter Nobuyoshi Asai: "Natürlich haben einige Zuschauer gesagt, dass es ungewohnt ist oder dass ihre Rücken müde werden. Aber mehr als 90 Prozent waren positiv gestimmt und zufrieden. Viele haben diese Art des Zuschauens noch nie gesehen und sagten, sie seien dadurch viel tiefer in Aufführung eingetaucht." Asais Kompanie hatte das Konzept im letzten Jahr entwickelt, nachdem sie die meisten Shows aufgrund der Coronavirus-Pandemie absagen musste. Die Idee funktioniere gut, sagte Asai. Seien Gruppe plane weitere Produktionen. Kostendeckend ist der Betrieb jedoch nicht. Bei maximal 30 Zuschauern sei man auf Subventionen der Regierung und anderen Organisationen angewiesen.
Historischer Beschluss in Japan: Ein Gericht entschied, es sei verfassungswidrig, dass homosexuelle Paare nicht dieselben Rechte hätten wie heterosexuelle. Entschädigung stünde den klagenden Paaren aber nicht zu.

Ein japanisches Gericht hat die fehlende rechtliche Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht in der nordjapanischen Stadt Sapporo erklärte am Mittwoch, gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zu den Vorteilen der Ehe gänzlich zu verbieten, verletze das in der Verfassung garantierte Recht auf Gleichbehandlung. Japan hat als einziger Staat in der Gruppe der sieben großen Industrienationen (G7) die Homoehe noch nicht anerkannt. 

Die oppositionelle Abgeordnete Kanako Otsuji, eine der wenigen offen homosexuellen Politikerinnen in dem Land, schrieb auf Twitter, sie sei "wirklich, wirklich froh" über das Urteil. Sie forderte eine Gesetzesreform, "um gleichgeschlechtliche Ehen möglich zu machen".

Homosexuelle Paare erfahren in Japan immer noch Nachteile

Mehr als ein Dutzend Paare hatten 2019 vor mehreren Gerichten des Landes geklagt und der Regierung Diskriminierung vorgeworfen. Die Kläger in Sapporo hatten eine Entschädigung von einer Million Yen (rund 7700 Euro) pro Person gefordert, weil ihnen Rechte versagt worden seien, die heterosexuelle Paare genießen würden. Das Gericht wies diese Forderung ab. Die Richter kamen jedoch zu dem Schluss, dass sexuelle Orientierung ebenso wie etwa das Geschlecht oder die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe keine bewusst gewählte Kategorie sei. 

Aktivisten vor dem Gericht begrüßten das Urteil begeistert. Die Anwälte der Kläger erklärten, es handle sich um "einen großen Schritt hin zur Gleichberechtigung bei der Ehe". 

Gleichgeschlechtlichen Paaren begegnen in Japan im Alltag zahlreiche Hürden, etwa bei der Wohnungssuche oder bei der Möglichkeit, sich während Krankenhausaufenthalten zu besuchen. Laut einer Umfrage der Zeitung "Yomiuri" im November unterstützen 61 Prozent der Japaner die Homoehe, 37 Prozent lehnen sie ab. 

AFP
mkb

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