Massenpanik in Bagdad Irak trauert um Opfer

Einen Tag nach der Massenpanik unter schiitischen Pilgern in Bagdad trauert das vom Krieg erschütterte Land um die rund eintausend Todesopfer.

Bis zu 1000 Menschen sind in Bagdad bei einer Massenpanik ums Leben gekommen. Der britische Fernsehsender BBC und der US-Nachrichtensender CNN berichteten am späten Mittwochabend, dass nach offiziellen irakischen Angaben mindestens 965 Tote gezählt worden seien. Laut CNN wurden 465 Pilger verletzt. Auslöser war ein Gerücht über einen drohenden Terroranschlag auf die schiitische Wallfahrt.

Die meisten Menschen kamen im Gedränge auf einer Brücke über den Tigris ums Leben oder stürzten 30 Meter tief in den Fluss. Die Pilger waren nach einem Granatenangriff in der Nähe der Pilgerstätte bereits nervös gewesen.

Zerquetscht, erstickt und ertrunken

"Im Gedränge auf der Aimma-Brücke brach Chaos aus, nachdem sich unter den Pilgern das Gerücht verbreitet hatte, mehrere Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürteln hätten sich unter die Gläubigen gemischt", sagte Gesundheitsminister Abdul Mutalib Ali. Rund 1,5 Millionen Pilger hatten sich am Schrein des Imam Mussa Kazhim versammelt, um dessen Todestag zu begehen.

Krankenhausärzte und Augenzeugen berichteten, die meisten Menschen seien im Gedränge erstickt oder zu Tode gequetscht worden. Andere fielen von der Brücke und ertranken in den Fluten des Tigris. Unter den Opfern sollen zahlreiche Kinder sein. Gesundheitsminister Ali forderte die Minister für Inneres und Verteidigung wegen der mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen bei der Wallfahrt auf, "die volle Verantwortung zu übernehmen, selbst wenn dies den Rücktritt bedeuten sollte".

Kinder erstickten, Menschen wurden ohnmächtig

Eine Augenzeugin berichtete: "Tausende von Menschen standen dicht an dicht auf der Aimma-Brücke, in dem Gedränge und bei der Hitze wurden einige ohnmächtig, vor allem, die Kinder bekamen keine Luft mehr." Vom Fenster ihres Hauses aus beobachtete die Frau, wie Hunderte von Menschen in den Fluss stürzten. In Bagdad herrschten am Mittwoch Temperaturen von etwa 43 Grad im Schatten.

Die US-Armee erklärte, ihre Soldaten hätten von Hubschraubern aus zuvor beobachtet, wie Terroristen Granaten abfeuerten, die in der Nähe der Moschee einschlugen, die den Schrein beherbergt. Die Soldaten hätten vom Hubschrauber aus auf die Angreifer gefeuert. Mehr als ein Dutzend Verdächtige sei später festgenommen worden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums starben bei den Attacken am Morgen 15 Menschen, mehr als 30 wurden verletzt. Im März 2004 waren bei einem Sprengstoffanschlag am Schrein in Kazhimija Dutzende von Pilgern getötet worden.

Beileidserklärungen aus Europa

Während die Helfer noch versuchten, Menschen aus dem Fluss zu ziehen, setzte ein Teil der Pilger die religiösen Rituale am Grab des Imams fort. Übergangsministerpräsident Ibrahim al-Dschafari ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Die Europäische Union verurteilte den Mörsergranaten-Angriff auf schiitische Pilger in scharfer Form. Zugleich sprach sie in einer von der britischen EU- Ratspräsidentschaft in London veröffentlichten Erklärung den Familien der Todesopfer der Massenpanik ihr Beileid aus.

DPA · Reuters
DPA/Reuters

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