Dass viele osteuropäische Christen Weihnachten zu einem anderen Datum feiern als viele Menschen im Westen, bekommt in diesem Jahr ein trauriges Schlaglicht – denn Russlands Präsident hat seinen Truppen über das orthodoxe Weihnachtsfest eine 36-stündige Waffenruhe befohlen. Ob diese hält, war am Freitagmittag offen. Und sie wird in der Ukraine vielfach als Heuchelei und zynisch empfunden, angesichts der Tatsache, dass Russland die Ukraine seit Monaten mit einem grausamen Krieg überzieht.
Doch viele Familien in der Ukraine hoffen vielleicht auch, dass sie über Weihnachten – zumindest an einigen Orten – von Angriffen verschont bleiben und friedlich Weihnachten feiern können. Doch warum findet das Fest dort erst jetzt statt, fast zwei Wochen, nachdem beispielsweise in Deutschland die Menschen die Geburt Christi gefeiert haben?
Der Grund ist, dass die orthodoxen Kirchen in Russland und in der Ukraine sich nach einem anderen Kalender richten als wir, dem Julianischen, der noch auf Julius Cäsar zurückgeht. Demnach ist Weihnachten am 6. und 7. Januar – also 13 Tage später als beispielsweise bei den katholischen und evangelischen Christen, für die das Ereignis am 24. und 25. Dezember stattfindet.
Orthodoxe Kirchen richten sich in vielen Fällen nach den Julianischen Kalender
Noch bis weit ins 16. Jahrhundert hatte sich die gesamte Christenheit nach der julianischen Zeitrechnung gerichtet. Heute folgen dieser alten Datierung noch immer einige Christengemeinden, darunter auch die orthodoxen Kirchen von Jerusalem und die Kopten in Ägypten. Der Gregorianische ist dagegen inzwischen der weltweit am meisten gebräuchliche Kalender, sogar bei manchen orthodoxen Christen wie denen in Griechenland, die Weihnachten am 25. Dezember feiern. Seine verbesserte Regelung des Schaltjahrs führt dazu, dass er deutlich weniger stark vom Sonnenjahr abweicht als die alte Regelung, also sehr viel genauer ist.
Es war die Ungenauigkeit des bisherigen Kalenders, die Papst Gregor XIII dazu veranlasste, die Zeitrechnung zu reformieren und im Jahr 1582 den nach ihm benannten Kalender einzuführen. Das julianische Jahr stimmte nicht mit dem Sonnenjahr überein, sondern war etwas länger, weshalb sich nach einiger Zeit beispielsweise der Beginn der Jahreszeiten verschob. Bei Einführung des gregorianischen Kalenders im Jahr 1582 betrug der Unterschied zwischen Sonnenjahr und Kalenderjahr bereits zehn Tage.
In Russland und der Sowjetunion wurde der Gregorianische Kalender zwar nach der Oktoberrevolution vor etwas mehr als 100 Jahren von der Regierung offiziell im Alltagsleben eingeführt – die dortigen Christen machten den Schritt der ihnen verhassten Kommunisten jedoch nicht mit und blieben bei ihrer Zeitrechnung.
Auch die orthodoxen Christen in der Ukraine folgen – teilweise – noch immer der alten Zeitrechnung. Denn traditionell waren russische und ukrainische orthodoxe Kirchen eng verbunden. Der Angriffskrieg Russlands aber hat die Distanz zwischen den Gläubigen vergrößert, im vergangenen Mai löste sich die ukrainisch-orthodoxe Kirche von der russischen. Bis dahin war sie Teil des Patriarchats von Moskau. Laut einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" verlegten einige ukrainische Kirchen jetzt auch Weihnachten nach vorn und feierten am 25. Dezember – aus Protest gegen Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine.
Quellen: "Frankfurter Rundschau", Deutsche Welle / mit Material von dpa
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