Kalifornien, USA Familie von verstorbenem mutmaßlichen Priester-Missbrauchsopfer verklagt Diözese Oakland

Kirchenbänke als Symbolfoto für einen Priester-Missbrauchsskandal in der Diözese Oakland
Drei Tage nachdem er die Klage gegen die römisch-katholische Kirche eingereicht hatte, verstarb das mutmaßliche Missbrauchsopfer (Symbolfoto)
© Getty Images
Vor zwei Jahren verklagte ein Mann wegen sexuellen Missbrauchs durch einen Priester die römisch-katholische Kirche. Als er starb, wurde die Klage abgewiesen. Doch ein neues Gesetz erlaubt es seinen Angehörigen, die Klage wieder einzureichen.

Jim Bartko war schon über 50 Jahre alt, als er 2017 offenbarte, als Kind von einem katholischen Priester missbraucht worden zu sein. Der langjährige Leiter der Sportabteilung der Universität von Oregon hatte jahrzehntelang geschwiegen und sein Trauma im Alkohol ertränkt.

Aufgewachsen in der kalifornischen Kleinstadt Pinole wurde er als Kind ein Ministrant unter dem damaligen Priester Stephen Kiensle – jener Priester, der 1978 erstmals wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war. Zwischen 1972 und 1975 soll er sich in der Pfarrei St. Joseph auch an Jim Bartko vergangen haben. Seine Erfahrungen verarbeitete Bartko in dem Buch "Boy In The Mirror". Im März 2020 reichte er Klage gegen die römisch-katholische Kirche ein. Doch drei Tage später brach er nach dem Training in einem Fitnessstudio zusammen und verstarb an einem Blutsturz infolge einer Leberzirrhose.

Kinder von Jim Bartko verklagen Diözese Oakland

Ein neues kalifornisches Gesetz hat seinen Fall nun wieder aufleben lassen und ermöglicht es seinen Angehörigen, Schadensersatz zu fordern, den er für sein Leiden hätte fordern können, wenn er noch am Leben wäre. Wie unter anderem die Nachrichtenagentur AP berichtet, reichten die Anwälte von Bartkos Kindern die Klage vergangene Woche beim Alameda County Superior Court gegen die Diözese Oakland ein, weil diese es angeblich versäumt habe, den Missbrauch durch den ehemaligen Priester Stephen Kiesle zu verhindern. So soll die Diözese schon vor dem mutmaßlichen Missbrauch von Bartko von ähnlichen Vergehen des Priesters gewusst haben und Kiesle trotz dieses Wissens fahrlässig erlaubt haben, weiterhin mit Kindern zu arbeiten.

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Bartkos erwachsener Sohn und seine Tochter glauben auch, dass der Alkoholkonsum ihres Vaters und die daraus resultierende Lebererkrankung dem mutmaßlichen Missbrauch geschuldet ist und dieser begann, als Kiesle ihm Kommunionswein gab, bevor er ihn belästigte. Aufgrund des übermäßigen Alkoholkonsums zerbrach Bartkos Ehe und er verlor seinen Job als Sportdirektor an der California State University.

Das neue Gesetz ermöglicht es den Kindern, die Ansprüche ihres Vaters wegen der emotionalen und psychologischen Belastung, die der Missbrauch für sein Leben bedeutete, geltend zu machen. Bisher konnten die Hinterbliebenen von in Kalifornien verstorbenen Klägern Schadensersatz für wirtschaftliche Verluste wie Löhne oder Arztrechnungen verlangen, nicht aber für die so genannten Schmerzen und Leiden oder Entstellungen ihrer Angehörigen.

Priester Stephen Kiesle wegen Kindesmissbrauchs verurteilt

Der Fall Stephen Kiesle erlangte weltweite Aufmerksamkeit im Jahr 2010, als bekannt wurde, dass Papst Benedikt XVI. – damals noch als Kardinal Joseph Ratzinger und Präfekt der Glaubenskongregation – sich den Bitten der Diözese widersetzte, Kiesle rasch des Amtes zu entheben. Wie damals die "New York Times" berichtete, soll Kiesle selbst im Jahr 1981 zusammen mit dem damaligen Bischof von Oakland, John Cummins, im Vatikan um seine Entlassung gebeten haben. Er habe sich auch direkt an den damaligen Papst Johannes Paul II. gewandt. Kardinal Ratzinger habe dann um weitere Informationen gebeten, die ihm die Diözese Oakland im Februar 1982 auch zugesandt habe. Erst drei Jahre später habe sich Ratzinger dann wieder gemeldet und in dem besagten Schreiben um mehr Zeit gebeten. Außerdem habe er auf das noch junge Alter des Priesters verwiesen. Kiesle war zu diesem Zeitpunkt 38. 

Nachdem Kiesle 1978 erstmals im Alter von 31 Jahren wegen Kindesmissbrauchs zu drei Jahren auf Bewährung verurteilt worden war, weil er zwei Jungen gefesselt und belästigt hatte, durfte er nach Angaben der Diözese Oakland zunächst nicht mehr als Seelsorger arbeiten. Er habe sich aber in Behandlung begeben und 1985 ehrenamtlich wieder im Jugendgottesdienst einer seiner alten Gemeinden gearbeitet. Er wurde schließlich 1987 des Amtes enthoben.

Quellen:  AP, NBC, DPA, andersonadvocates.com, New York Times

jek

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