Chaos wegen Trump? Berlinerin sitzt seit Wochen in den USA in Abschiebehaft

Die neue Regierung in den USA hat den Kampf gegen illegale Migration an der Grenze zu Mexiko verschärft
Im Kampf gegen illegale Migration an der Grenze zu Mexiko hat die neue Regierung in den USA schärfere Regeln erlassen
© Denis Poroy / AP / DPA
Ein Kurztrip in die USA endete für eine junge Deutsche im Gefängnis. Auf ihre Abschiebung nach Deutschland wartet sie bis heute. Selbst Experten halten den Fall für ungewöhnlich.

Für ein paar Tage mit einem Touristenvisum in die USA einreisen – sollte eigentlich kein Problem sein. Für Jessica Brösche endete die Reise allerdings, bevor sie begonnen hatte. Statt am Pazifikstrand sitzt die 29-Jährige seit Wochen in Abschiebehaft. 

Die Berlinerin war im Januar mit einer US-amerikanischen Freundin in Mexiko im Urlaub. Spontan beschlossen sie, einen Abstecher in die benachbarten USA zu machen. Als die beiden Frauen am 25. Januar den Grenzübergang San Ysidro zu Fuß überqueren wollten, wurde Brösche von der Einwanderungs- und Zollbehörde ICE in Gewahrsam genommen.

"Sie nahmen sie direkt vor meinen Augen fest, als wir gerade rübergingen", schilderte Brösches Begleiterin Nikita Lofving dem Sender CNN. Nach zwei Stunden habe Brösche ihr telefonisch mitgeteilt, dass sie nach Deutschland abgeschoben werde und sich in ein paar Tagen von dort aus melden werde.

In ihre Heimat ist Brösche bis heute nicht zurückgekehrt.

Beruht die Festnahme auf einem Missverständnis?

Wie CNN unter Berufung auf einen Sprecher der Einwanderungsbehörde berichtet, befindet sich Brösche derzeit in der Otay Mesa Detention Facility im US-Bundesstaat Kalifornien. Die Einreisebehörde ICE listet sie auf ihrer Webseite als Inhaftierte, dabei handelt es sich bei dem Gefängnis eigentlich um eine Einrichtung für Männer.

Normalerweise nehmen die US-Grenzschutzbehörden nur Personen in Gewahrsam, die nicht in der Lage sind, ihre Rückreise in ihr Herkunftsland zu buchen. So begründete ein Sprecher der Grenzschutzbehörde die Festnahme. Außerdem habe sie gegen die Einreisebedingungen verstoßen, hieß es weiter.

Brösches Freundin Lovfing glaubt an ein Missverständnis. Die Deutsche habe sie in Los Angeles besuchen und tätowieren wollen. "Sie ist eine meiner besten Freundinnen. Wir arbeiten seit fünf oder sechs Jahren an diesem Tätowierungsprojekt auf meinem Körper und im Gegenzug designe ich Kleidung für sie", sagte Lovfing.

Weil Brösche bei der Einreise ihre Tätowierutensilien dabeihatte, werfen ihr die US-Behörden vor, ohne Genehmigung in den USA arbeiten zu wollen.

Ihre Freundin Lovfing widerspricht: Brösche habe niemals in den USA tätowieren, sondern lediglich ihr Projekt voranbringen wollen. Ihre Angehörigen in Deutschland hoffen, dass die 29-Jährige am 11. März entlassen wird und in ihre Heimat zurückfliegen kann. Allerdings sei unklar, ob die Bundespolizei sie bis dahin freilassen wird.

Brösche verzweifelt über "schreckliche" Einzelhaft in den USA

Lovfing versucht derweil, über Social Media auf die prekäre Lage ihrer Freundin aufmerksam zu machen. Wenige Tage nach der Verhaftung veröffentlichte sie ein Statement von Brösche. Darin teilte die Berlinerin mit: "Ich bin immer noch nicht in der Lage, mein Telefon oder die sozialen Medien zu benutzen, da ich mich immer noch in einer Haftanstalt in den USA befinde." Wann sie nach Deutschland zurückkehren werde, wisse sie nicht. "Es kann ein paar Wochen oder nur ein paar Tage dauern."

In einem Telefoninterview mit dem US-Sender KGTV im Februar äußerte sich Brösche deutlich verzweifelter. Sie sei acht Tage lang in "schrecklicher" Einzelhaft gehalten worden. Sie verstehe nicht, warum die Abschiebung nach Deutschland so lange dauere und fügte hinzu: "Ich will einfach nur nach Hause, wissen Sie? Ich bin wirklich verzweifelt."

Eigentlich hätte Brösche unkompliziert nach Hause reisen können

Der Fall hängt mutmaßlich mit der verschärften Einwanderungspolitik unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump zusammen. Dieser hatte bereits im Wahlkampf damit geworben, stärker gegen illegale Migration vorgehen zu wollen. Im Januar verabschiedete der US-Kongress dann ein umstrittenes Gesetz, wonach die Behörden Migranten an der Grenze zu Mexiko wegen geringer Vergehen wie Ladendiebstahl festnehmen und direkt abschieben können. Das war zuvor nur bei schweren Straftaten erlaubt.

Der Fall Brösche passt in dieses Schema, ist aber laut dem designierten Präsidenten der American Immigration Lawyer Association trotzdem "ziemlich ungewöhnlich". Eigentlich hätte die Deutsche sofort abgeschoben werden müssen, anstatt über Wochen in Haft zu sitzen.

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Hintergrund ist das Visa-Waiver-Programm, das die USA mit Deutschland und 40 weiteren Ländern abgeschlossen haben. Damit dürfen Besucher bis zu 90 Tage als Touristen oder geschäftlich ohne Visum in bestimmte Länder einreisen. Dadurch verzichten sie auch auf ihr Recht auf Rechtsstreitigkeiten. Wem die Einreise verweigert wird, der darf seinen Antrag auf Einreise normalerweise aber wieder zurückziehen und ohne Abschiebeverfahren nach Hause fliegen.

Das Auswärtige Amte teilte dem Berliner "Tagesspiegel" im Februar mit, dass sich das Generalkonsulat Los Angeles um eine Lösung bemühe und hierfür in Kontakt mit Familienangehörigen und US-Behörden stehe. Weitere Details gab das Ministerium zum Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht bekannt.

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