Anastasia Biefang, 49, wurde als Mann geboren und zog in der Pubertät heimlich die Kleider ihrer Mutter an. Doch es sollte noch 20 Jahre dauern, bis sie öffentlich machen konnte, was sie schon lange fühlte: Sie ist eine Frau. Als Oberstleutnant der Luftwaffe leitet sie das Sachgebiet Kommando Cyber- und Informationsraum in Bonn, ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins QueerBW und LGBTIQ+ Aktivist*in. Hier erzählt sie ihre Geschichte.
Frau zu sein bedeutet für mich, ich selbst zu sein. Und das war ich lange nicht. So lange, bis ich nicht mehr konnte. Mein inneres und mein äußeres Leben standen in Konkurrenz zueinander. Äußerlich war ich ein Mann und Soldat bei der Bundeswehr, verheiratet mit einer Frau, die sich einen Kerl an ihrer Seite wünschte. Und in meinem Inneren war ich eine Frau, die keinen Raum hatte. Die Männer und Frauen begehrte und keinen Unterschied machte zwischen den Geschlechtern. Die Ursache für meine Erschöpfung lag auf der Hand: Ich war eine heimliche trans Person, seit 40 Jahren. Erst als ich mich 2015 getraut habe, das auszusprechen, wurde mein Leben besser. Ich war nicht sofort glücklich, aber mein Alltag wurde wieder lebenswert.
Ich war 16, als ich zum ersten Mal darüber nachgedacht habe, dass ich als männliche Person gelesen werde. Und dass es einen Unterschied darin gibt, wie ich meinen Körper wahrnehme und wie ihn andere sehen. Geschlecht und Sexualität spielten in meiner Familie keine Rolle, darüber wurde nie geredet, und bis dahin war es völlig normal für mich, als Junge aufzuwachsen. An einem Tag, als ich allein zu Hause war, habe ich die Kleider meiner Mutter anprobiert. Ich sah mich im Spiegel und hatte den Eindruck, etwas ausdrücken zu können, das schon immer in mir gelebt hat. Es war ein Wow-Moment. Gleichzeitig dachte ich: Was mache ich hier?