Wer ich bin Silke Kress hatte Krebs. Sie ließ sich beide Brüste entfernen. Was bedeutet Frausein für sie?

  • von Lisa Frieda Cossham (Protokoll)
Die Zeichnung einer Frau mit blonden mittellangen Haaren. Sie zeigt Silke Kress, die über Brustkrebs und das Frausein spri
Silke Kress musste sich aufgrund einer Krebserkrankung ihre Brüste abnehmen lassen. Ihre Weiblichkeit hat sich im Laufe der Zeit an anderen Stellen durchgesetzt, beobachtet sie.
© Fritz Erler / stern
In einer neuen stern-Serie fragen wir Menschen aus allen Lebenswelten, was es für sie bedeutet, eine Frau oder ein Mann zu sein, als trans Person zu leben oder sich keinem Geschlecht zugehörig zu fühlen. Wir machen uns auf die Suche nach dem, was unser Geschlechtsempfinden prägt. Heute erzählt Silke Kress, wie es ist, ohne Brüste zu leben.

Silke Kress ist 52 Jahre alt und lebt in Kulmbach. Die ehemalige OP-Schwester hat sich aufgrund einer Krebsdiagnose erst eine, später auch die zweite Brust abnehmen lassen. 2019 hat sie über die Organisation Pink Ribbon eine Brustkrebs-Selbsthilfegruppe gegründet. Heute arbeitet Silke Kress zusammen mit ihrem Mann in eigenen Ergotherapie-Praxen.

Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Damals trugen alle meine Klassenkameradinnen und Freundinnen Locken. Ich habe den Trend eine Weile beobachtet, so wie ich immer alles erst einmal beobachte. Und dann habe ich meine Jugendweihe zum Anlass genommen, mir auch eine Dauerwelle legen zu lassen. Bezahlt hat sie Mutti. Der Friseur hat Strähne für Strähne in sich gedreht und sie dann auf die Lockenwickler gezogen. Meine Haare waren schulterlang, und als die Wickler wieder raus waren, wirkten sie kürzer. Ich hatte schöne Locken. Das hat mir gefallen, ich habe mich zum ersten Mal als junge Frau empfunden. Dass ich mich so verändern kann, das bedeutet für mich weiblich zu sein.

Später habe ich die Haare richtig kurz getragen. Wenn ich irgendwo hinkam, an einen neuen Arbeitsplatz oder so, dann hieß es: Du siehst aus wie Annie Lennox. Die hatte ihre Lederjacke an und wirkte völlig normal, das mochte ich. Die war nicht verkleidet, die war sie selbst. Und das gelingt mir auch immer mehr. Seit meinem 50. Geburtstag trage ich Kleider, das habe ich früher nicht gemacht. Mir ist es egal, was andere denken oder sagen. Ich möchte mehr diese Frau sein, die ich lange nicht war. 

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