Gesunde Ernährung 5 am Tag - so klappt's

Von Claudia Wüstenhagen
Natürliches Fast Food muss man nicht zubereiten, ist immer ein schneller Snack zwischendurch
Natürliches Fast Food muss man nicht zubereiten, ist immer ein schneller Snack zwischendurch
© Colourbox
Die Deutschen sind zu dick - das belegt die neue Verzehrstudie des Verbraucherministeriums. Die Untersuchung zeigt auch: Nicht einmal 30 Prozent wissen, dass Experten empfehlen, fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag zu essen. Was unmöglich erscheinen mag, ist einfacher als viele denken. stern.de erklärt, wie es gehen kann.

Mehr als jeder zweite Deutsche hat Übergewicht, jeder Fünfte ist sogar adipös. Und es wird offenbar immer schlimmer. Das ist die Botschaft der Nationalen Verzehrstudie, die Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Die Studie zeigt auch, dass kaum ein Erwachsener in der Lage ist, seinen Energiebedarf richtig einzuschätzen. Und nur 29 Prozent der insgesamt 20.000 Befragten kannten die richtige Bedeutung der Kampagne "5 am Tag", bei Männern waren es sogar nur 18 Prozent. Für Ernährungsexperten mag das frustrierend sein. Immerhin propagieren sie seit Jahren: Wer täglich fünf Portionen Obst und Gemüse mit einem Gesamtgewicht von ungefähr 650 Gramm isst, lebt gesünder. Angekommen ist die Botschaft längst nicht bei allen, wie sich zeigt.

Schutz vor Krankheiten

Warum überhaupt 650 Gramm? "Diese Maßgabe beruht auf ernährungswissenschaftlichen Untersuchungen", erklärt Helmuth Huss. Er ist Vorstandsprecher von "5 am Tag e.V.", einem Verein, der unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der deutschen Krebsgesellschaft, verschiedenen Ministerien sowie Obst- und Gemüseerzeugern getragen wird. Studien hätten belegt, dass Menschen, die diese Menge Obst und Gemüse essen, einen deutlich besseren Schutz vor Krankheiten wie Krebs oder Herzkreislauferkrankungen hätten, so Huss.

650 Gramm in fünf Portionen - das mag vielen als Tagespensum unmöglich erscheinen. Schließlich hat nicht jeder Zeit und Lust bunte Obstsalate zu schnippeln. "Viele sagen auf Anhieb: Das schaff ich nie", weiß Huss aus Erfahrung. Dabei sei es gar nicht so schwer, auf die empfohlene Menge zu kommen. Was viele gar nicht wüssten: Auch konserviertes und tief gefrorenes Obst und Gemüse sowie Trockenfrüchte zählen. "Wer zum Frühstück ein Müsli mit Nüssen, Mandarine und Rosinen isst, hat schon zwei bis drei Portionen geschafft", sagt Huss.

Drei Haupt- und zwei Zwischenmahlzeiten

Selbst Frühstücksmuffel haben keine Ausrede. Denn schon ein Glas Orangensaft gilt als eine Portion. "Allerdings sollte es 100-prozentiger Fruchtsaft sein, weil der mehr Mineralstoffe und Vitamine enthält", sagt Antje Gahl, Ernährungswissenschaftlerin bei der DGE. Den ganzen Tag nur Saft trinken, zählt allerdings nicht. Denn Saft enthalte weniger Ballaststoffe als Obst und Gemüse, und sei obendrein manchmal so kalorienreich wie eine Limonade. Dennoch ist Gahl überzeugt: "Fünf am Tag, das ist zu schaffen, vor allem, wenn man es auf drei Haupt - und zwei Zwischenmahlzeiten aufteilt." Selbst aus einem einfachen Brot zwischendurch kann ein gesunder Happen werden, wenn Käse oder Wurst mit ein paar Tomaten- oder Gurkenscheiben belegt werden. Auch der Beilagensalat in der Kantine ist eine leichte Beute. Wer seinen Gästen am Abend eine kleine Knabberei nicht schuldig bleiben möchte, serviert halt eine Rohkostplatte mit Frischkäse oder Kräuterquark, anstatt eine profane Chipstüte aufzureißen, schlägt Gahl vor.

Tomatensaft im Flugzeug

Wer sich gesund ernähren will, muss sich vor allem das entsprechende Umfeld schaffen. Was in der Nähe liegt, wird auch gegessen. "Wenn ich mir eine Schale mit Schokoriegeln hinstelle, wird sie auch leer", sagt Huss. Also lieber eine Obstschale auf dem Wohnzimmertisch platzieren und eine Banane in der Schreibtischschublade deponieren. Wie wichtig das Umfeld ist, belegt Huss mit einem bekannten Phänomen: "Im Flugzeug trinkt jeder Tomatensaft, sonst aber fast nie." Das Angebot bestimme also die Nachfrage.

Eltern als Vorbild

Und wie bringt man seine Kinder dazu, das Grünzeug zu mögen? Für Huss eine klare Sache: durch das gute Beispiel der Eltern. "Wenn der Vater meckert, wollen auch die Kinder das Gemüse nicht." Greifen Mama und Papa aber selbst regelmäßig zu Apfel und Birne, würde das mit der gesunden Ernährung beim Nachwuchs zum "Selbstläufer" werden, vor allem, wenn es nicht immer nur Äpfel, sondern ein breites Angebot gebe. Auf 650 Gramm müssen Kinder es sowieso nicht bringen, für sie reichen 400 Gramm am Tag. Einer aktuellen Untersuchung der DGE zufolge isst aber etwa die Hälfte der Kinder und Jugendlichen weniger als 50 Prozent dieser Menge. Huss empfiehlt daher, ein Schulfruchtprogramm einzuführen, damit jedes Schulkind zumindest ein Stück Obst am Tag zu sich nimmt.

Geht es um gesunde Ernährung, ist oft vom Geld die Rede. Gesundes Essen sei zu teuer, lautet ein häufiges Argument. Ernährungswissenschaftlerin Gahl glaubt jedoch nicht, dass jemand, der sich gesund ernähren will, das aus finanziellen Gründen nicht schaffe. Sie rät dazu Saisonware zu kaufen, das sei deutlich günstiger. Auch der Verein "5 am Tag" empfiehlt allen, die auf's Geld achten müssen, sich einen Saisonkalender in die Küche zu hängen, um gezielt günstig einkaufen zu können. Außerdem rät der Verein dazu, Essensreste aufzuheben und mehrfach zu verwerten. Die Gemüsereste von heute könnten beispielsweise die Suppengrundlage für morgen sein. Außerdem müsse es gar nicht immer frisches Obst und Gemüse sein. Wer frische Ware nicht bezahlen kann, so Gahl, könne auf Konserven ausweichen. "Besser Dosengemüse als gar keines", sagt sie.

Kein Risiko durch Pestizide

Ein weiteres Argument gegen Obst- und Gemüseverzehr, das Helmuth Huss nicht gelten lassen möchte, ist die Angst vor Pestiziden. Die Nationale Verzehrstudie zeigt, dass Verbraucher das Gesundheitsrisiko durch mögliche Pestizidrückstände höher einschätzen als das Risiko einer einseitigen und zu üppigen Ernährung. Manchen mag es daher gefährlich erscheinen, jeden Tag 650 Gramm Obst und Gemüse zu verzehren. Das Bundesverbraucherministerium sieht jedoch keinen Grund zur Sorge: "Die empfohlene Menge von 650 Gramm am Tag ist in Bezug auf die Aufnahme von Rückständen grundsätzlich als unproblematisch zu sehen", erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Auch Experte Huss ist sicher: "Bei fünf Portionen besteht überhaupt keine Gefahr. Die Grenzwerte für Rückstände sind so festgelegt, dass man sogar ein Vielfaches dieser Obst- und Gemüsemenge essen könnte."

Doch führt die gesunde Ernährung auch dazu, dass man abnimmt? Nicht automatisch, sagt DGE-Expertin Gahl. Wer morgens seine Kiwiwürfel im Sahnejoghurt versenke oder unter zuckerreiche Schokoflocken mische, könne nicht darauf hoffen, dass auch gleich die Pfunde purzeln. "Auf die Kombination kommt es an", sagt Gahl. Wer abnehmen will, muss also seine Ernährungsgewohnheiten insgesamt umstellen.

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