Das erste bemannte Raumschiff Chinas ist noch nicht gestartet, da überschlägt sich schon der staatlich geförderte Nationalstolz. "Unser bemanntes Raumschiff erschüttert die Welt", ist in amtlich gelenkten Zeitungen zu lesen, die von einem "großen Beitrag für den Fortschritt der Menschheit" sprechen. China werde in den exklusiven "Raumfahrerclub" neben den USA und Russland aufrücken, die als einzige Länder der Welt mit eigenen Raumschiffen Astronauten ins All bringen können - wenngleich das schon seit vier Jahrzehnten. Titelseiten sind voll mit Bildern des Raumschiffes und der Rakete, seit erstmals berichtet werden durfte, dass "Schenzhou 5" (Magisches Schiff) diese Woche zum bemannten Jungfernflug abheben wird.
Propagandaereignis für die KP Chinas
Offiziell heißt es, der Start werde zwischen Mittwoch und Freitag "zu einer angemessenen Zeit" erfolgen, doch berichten Verantwortliche am Raumfahrtbahnhof Jiuquan, dass es Mittwochmorgen sein wird. Für die kommunistische Führung ist es ein Propagandaereignis. "Die Hauptvorteile sind psychologisch", sagte der US-Raumfahrtexperte James Oberg.
Chinas Führung könne "die Außenwelt mit ihren Fähigkeiten beeindrucken und das eigene Volk überzeugen, dass die Regierung richtig etwas leistet". Dafür werden voraussichtlich der alte und der neue Führer, der heutige Militärchef Jiang Zemin sowie Staats- und Parteichef Hu Jintao, noch während des Fluges ein paar Worte mit dem Astronauten wechseln.
Deswegen startet "Shenzhou 5" auch erst am Mittwoch, da vorher noch die laufende Sitzung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei am Dienstag zu Ende gehen muss. Bei aller Begeisterung für den Flug, der als Symbol der neuen Stärke Chinas gesehen wird, gibt es auch zwiespältige Gefühle im Volk. Was er denn von dem Raumflug halte, beantwortete ein Friseur in Peking bezeichnenderweise spontan mit den Worten: "Ich verstehe nichts von Politik."
Ohne die Milliarden zu erwähnen, die das seit zehn Jahren laufende Programm verschlungen hat, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Zhang Qiyue, es sei "kein Widerspruch", wenn ein sich erst entwickelndes Land das All erkunden wolle. Jedes Entwicklungsland müsse schließlich den wissenschaftlichen Fortschritt voranbringen.
Kritik an Investitionen
Der Chefkonstrukteur von "Shenzhou", Qi Faren, räumte ein, dass es selbst unter Raumfahrtexperten Kritik gebe, dass die Investitionen im Gegensatz zum Nutzen zu hoch seien. Doch sieht Qi Faren die Pläne sehr langfristig: "Wenn wir heute keinen Durchbruch in der bemannten Raumfahrt erzielen, wird China in der Zukunft keinen Platz im Weltraum finden." Als nächstes ist bis 2010 der Bau einer Raumstation geplant. Derweil meldet der Raumfahrtbahnhof: "Alle Vorbereitungen laufen reibungslos."
Der Astronaut werde 14 Mal die Erde umkreisen, zuerst in einer elliptischen Bahn in einer Höhe von 200 bis 350 Kilometern, dann auf 343 Kilometer Höhe wechseln. Die Landung ist am nächsten Tag in der Inneren Mongolei geplant.