England DNA-Test deckt das dunkle Geheimnis der Menschenknochen aus einem Brunnen in Norwich auf

Einige der in Norwich gefundenen Menschenknochen
Einige der in Norwich gefundenen Menschenknochen
© Natural History Museum
Beim Bau eines Einkaufszentrums stieß man auf einen Brunnen aus dem Mittelalter. Darin wartete eine Überraschung auf die Archäologen – nun konnten sie die Geschichte dahinter aufdecken.

Im Jahr 2004 wurde im Zentrum der britischen Stadt Norwich ein Shoppingzentrum errichtet. Unvermittelt stieß man dabei auf archäologische Funde aus dem frühen Mittelalter – unter anderem auf die Reste eines Brunnens. Das wäre an sich schon ein spannender Fund gewesen, doch auf die Fachleute, die sich daraufhin dem Areal widmeten, wartete noch eine Überraschung: Am Grund des jahrhundertealten Brunnens fanden sich Menschenknochen.

Wie sich später herausstellte, gehörten diese Knochen zu 17 Menschen. Die meisten scheinen Kinder gewesen zu sein. Völlig unklar war, um wen es sich dabei handelte und weshalb ihre Körper in den Brunnen geworfen wurden. An die Lösung dieses Rätsels begaben sich deshalb nun Wissenschaftler:innen des Natural History Museum in London, der Universität Cambridge, der Uni Mainz und dem Londoner University College.

Archäolog:innen untersuchten Knochenfunde

Dank moderner DNA-Analysen konnten die Forscher:innen auch tatsächlich einiges über die mysteriösen Knochen herausfinden. Und sie deckten damit ein dunkles Kapitel der mittelalterlichen Geschichte auf. Denn die Knochenfunde konnten auf das Jahr 1190 datiert werden. Zudem waren die meisten der erschreckend jungen Toten miteinander verwandt – so etwa drei Schwestern im Alter von fünf bis 15 Jahren. Und ihre DNA deutet in allen Fällen darauf hin, dass es sich um Angehörige der Aschkenasim-Juden handelt, noch heute die größte ethno-religiöse Gruppe des Judentums.

Die Wissenschtler:innen vermuten, dass die 17 jungen Opfer keines natürlichen Todes starben – sondern umgebracht wurden. Denn aus historischen Quellen ist belegt, dass es im Jahr 1190 tatsächlich einen Ausbruch von Antisemitismus in Norwich gab. Der Chronist Ralph de Diceto etwa schrieb in seinem Werk "Imagines Historiarum II": "Deshalb wurden am 6. Februar alle Juden, die in ihren eigenen Häusern aufgefunden wurden, erschlagen; einige hatten sich ins Schloss geflüchtet." Der Grund für diese abstoßende Brutalität der christlichen Stadtbewohner war zumeist Aberglauben.

Wohl nur einige der zahlreichen Opfer

Durch den Fund, der zufällig bei Bauarbeiten gemacht wurde, kommt dieser bedrückende Vorfall nun wieder ans Licht – und die Geschichte der 17 jungen Menschen, die viel zu früh grausam ihr Leben verloren, wird nicht für immer vergessen sein. Bei ihnen dürfte es sich aber vermutlich nur um einen Teil der Opfer des Massakers vom 6. Februar 1190 handeln. Was aus den anderen jüdischen Bewohnern von Norwich wurde, die diesen Tag nicht überlebten, weiß man derzeit nicht.

Quelle:  BBC

PRODUKTE & TIPPS