"Colin", das vor der australischen Küste umherirrende, mutterlose Walkalb ist eingeschläfert worden. Tierärzte waren zu dem Schluss gekommen, dass das Tier alleine nicht überlebensfähig sei. Das Walkalb wurde an den Strand geleitet, Einsatzkräfte streichelten es, bevor es auf eine Plane gehievt wurde. Anschließend wurde "Colin", in einem Zelt vor den Augen von Schaulustigen geschützt, getötet. Acht Polizeiboote waren im Einsatz, um Medienvertreter und Neugierige fernzuhalten.
"Colin" wurde zunächst ein Beruhigungsmittel verabreicht, danach eine tödliche Dosis eines Betäubungsmittels, wie die Umweltbehörde von New South Wales mitteilte. Unterdessen entbrannte ein heftiger Streit, ob die Tötung einen Gnadenakt für das Tier oder eine unmenschliche Grausamkeit darstellte. Das Kalb war kurz vor seinem Tod mit Parasiten durchsetzt, dem Hungertod nahe und verletzt, wie Sally Barnes, die stellvertretende Direktorin der Umweltbehörde, erklärte. Wahrscheinlich wäre es im Tagesverlauf ohnehin verendet, doch habe man ihm unnötiges Leiden ersparen wollen. "Es ist ein sehr trauriger Tag", sagte sie. "Er ist von seinem Elend erlöst."
Die Behörden hätten in Australien und im Ausland Rat gesucht, um dem Wal zu helfen, aber sein Zustand sei einfach zu schlecht gewesen. "Schande, Schande!", schrie dagegen der Tierschützer Brett Devine, der die Aktion von seinem Boot aus verfolgte und stoppen wollte. Er hatte gehofft, den kleinen Wal mit einem Präparat aus Milch und Krill durch einen Schlauch füttern zu können. Das Schicksal des Wals, von den Australiern "Colin" getauft, bestimmte seit seinem ersten Auftauchen am Sonntag die Schlagzeilen im Land. Das hungrige Tier versuchte mehrfach, an Booten zu saugen, die es offenbar mit seiner Mutter verwechselte. Experten glauben, dass das ein bis zwei Monate alte Kalb von seiner Mutter verlassen wurde, vermutlich, weil es krank war. Zudem schien es, dass das Tier von einem Hai angegriffen worden war. Versuche, das Jungtier ins offene Meer zu lotsen, schlugen fehl, weil der Wal immer wieder die Nähe der Boote suchte. Auch ein "Walflüsterer" aus den Reihen der Aborigines hatte das Tier besucht, konnte aber nichts ausrichten.
Eine erste Untersuchung des Kadavers zeigte, dass es sich bei dem Kalb entgegen ersten Vermutungen wohl nicht um ein Männchen, sondern ein Weibchen gehandelt hat, wie Barnes weiter erklärte. Der Spitzname des Tieres könnte damit posthum von "Colin" auf "Colette" geändert werden. Der tote, kleine Wal soll nun eingehend im Zoo von Sydney untersucht werden.