Die rosa-schwarzen Schweine waren die Hauptattraktion. Glücklich grunzend und erstaunlich unbehelligt von Ordnungskräften wühlten die aus Baden-Württemberg angekarrten Schwäbisch-Hällischen Landschweine in der Wiese vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München. Sie waren Teil des Protests von Bauern, Umweltschützern, Entwicklungshilfe-Organisationen und kirchlichen Gruppen, die am Mittwoch gemeinsam in München gegen das EU-Patent EP 1651777 demonstrierten. Die Gegner fordern ein gesetzliches Verbot von Patenten auf Tiere und Pflanzen. Die EU-Biopatentrichtlinie müsse verschärft werden.
"Die Gene sind frei" und "Kein Patent auf Leben", verlangten die Demonstranten, die schon am Morgen mit Traktoren, Trillerpfeifen und Kuhglocken vor die Bayerische Staatskanzlei gezogen waren. "Stoppt das Patent auf die arme Sau!" Es gehe um den Erhalt des ländlichen Raumes. Die Patentansprüche der Konzerne brächten Bauern weltweit in die Abhängigkeit, führten zur Verteuerung von Lebensmitteln und noch mehr Hunger in der Dritten Welt.
Protest eint Bauern und Umweltschützer
Überraschend tauchte Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) als Redner auf. Erneut gab er sich als Kämpfer für Umwelt und Schöpfung: Bayern werde sich für ein Verbot von Patenten auf Tiere und Pflanzen einsetzen, kündigte Söder an, der zuvor schon bei Grüner Gentechnik andere Töne angeschlagen hatte als seine Vorgänger. "Die Bewahrung der Schöpfung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die vor den Gewinnbestrebungen einzelner Gen-Heuschrecken steht", rief der Minister den Demonstranten zu.
Sowohl der Präsident des Deutschen und Bayerischen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, als auch der Bundesverband Deutscher Milchviehalter (BDM) mit seinem Vorsitzenden Romuald Schaber und die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sprechen sich einhellig gegen das Patent aus.
Das von dem umstrittenen Schweinepatent geschützte Verfahren identifiziert ein sogenanntes Leptin-Rezeptor-Gen. Diese Gen-Variante soll für saftigeres Fleisch sorgen, das zudem beim Braten weniger schrumpft. Allerdings haben viele Schweine dieses Gen - die Bauern fürchten, dass nun alle diese Tiere unter das Patent fallen.
Lizenzgebühren für das Schwein?
Rudolf Bühler aus Wolpertshausen von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, der aus Protest seine Schweine vor das EPA gebracht hatte, berichtet, etwa die Hälfte seiner Tiere trage die umstrittene Genvariante. In den 1980er Jahren hätten die Schwäbisch-Hällischen Landschweine fast als ausgestorben gegolten. Der Bauer, dessen Familie seit Jahrhunderten Schweine züchtet, suchte Exemplare der alten Rasse im weiten Umkreis, um die Züchtung wieder aufzunehmen. "Sie sind besonders stressresistent, gut geeignet für Weidehaltung und haben besonders zartes Fleisch mit nussigem Aroma", fasst er die Vorzüge zusammen. "Jetzt laufen wir Gefahr, dass Monsanto eines Tages Lizenzgebühren verlangt - für Tiere, die wir vor dem Aussterben gerettet haben."
Wieder - wie schon bei dem am Vortag verbotenen Anbau seines Genmaises MON 810 - steht der US-Konzern in der Kritik. Monsanto hatte das Schweinepatent 2005 beantragt, das allerdings inzwischen auf das US-Unternehmen Newsham Choice Genetics übergegangen ist.
Monsanto hat laut Greenpeace weitere Patente für die Verwendung bestimmter Genvarianten angemeldet - allein in einem Patentantrag werden der Organisation zufolge mehr als 260.000 Genvarianten beim Rind beansprucht. Es gebe außerdem bereits von anderen Firmen Patente auf Brokkoli, Tomaten oder auf Salatköpfe, "die ein paar Blätter mehr haben", sagt Greenpeace-Experte Christoph Then. Es gebe auch weitere Patentanträge auf Schweine - und sogar auf Milch, die besonders gut zur Joghurt-Herstellung geeignet ist.