FÜNF JAHRE KLONEN Erster Klonmensch erscheint möglich

Mit dem Klonschaf Dolly haben schottische Forscher ein Stück Science-Fiction in die Wirklichkeit geholt. Das vaterlose Lamm, das Ian Wilmut vor fünf Jahren präsentierte, wälzte biologische Dogmen um.

Bislang ist der Klonzoo auf mehrere hundert Tiere angewachsen

Mit dem Klonschaf Dolly haben schottische Forscher ein Stück Science-Fiction in die Wirklichkeit geholt. Das vaterlose Lamm, das Ian Wilmut vor fünf Jahren auf nur zweieinhalb Seiten des Fachjournals »Nature« vom 27. Februar 1997 präsentierte, wälzte biologische Dogmen um, brachte Visionen von Armeen voller Klonsoldaten auf die Titelseiten und ließ die Aktien der Biotech- Unternehmen steigen. Ohne Dolly wäre auch die Diskussion um das therapeutische Klonen undenkbar.

Bislang ist der Klonzoo aus Mäusen, Kühen, Schweinen, Ziegen und weiteren Schafen auf mehrere hundert Tiere angewachsen. Am 14. Februar 2002 hatten Forscher in Texas das erste Klonkätzchen vorgestellt. Einige weltweit umstrittene Wissenschaftler wollen nun Menschen klonen. Der US-Mediziner Panyiotis Zavos hatte Anfang Februar erneut verkündet, er wolle mit dem Klonen den Kinderwunsch unfruchtbarer Paare erfüllen. Zehn Paare stünden bereit. Der Starttermin sei bereits im März.

»Man darf die Augen davor nicht verschließen«

Ende November hatten Forscher der US-Firma ACT von der Produktion geklonter menschlicher Embryonen berichtet - zu medizinischen Forschungszwecken, wie es hieß. Die Embryonen starben nach wenigen Zellteilungen ab. Ähnliches hatten Forscher aus Südkorea bereits 1998 verkündet, ohne jedoch einen Beweis vorzulegen.

Deutsche Experten lehnen die Herstellung von Klonmenschen einmütig ab, und auch Ian Wilmut, der »Schöpfer« des Klonschafes Dolly hat sich immer wieder dagegen ausgesprochen. Sie warnen jedoch davor, die Ankündigungen nicht ernst zu nehmen. »Es ist technisch möglich, in absehbarer Zeit einen Menschen zu klonen«, sagt Prof. Heiner Niemann, Leiter des Bereichs Biotechnologie am Institut für Tierzucht und Tierverhalten der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Neustadt bei Hannover. »Man darf die Augen davor nicht verschließen.«

Prof. Eckhard Wolf von der Ludwig-Maximilians-Universität in München verweist darauf, dass mindestens 50 Teams weltweit die zum Klonen grundlegende Technik einer speziellen Zellkernübertragung beherrschen. Für Dolly hatten Forscher das Erbgut aus der Euterzelle eines Schafs in eine zuvor entkernte Eizelle eines anderen Schafs gesetzt. Der so entstandene Embryo wurde von einem weiteren Schaf ausgetragen. Noch könne man im Vorfeld jedoch nicht einmal bei Rindern feststellen, welche der im Labor erzeugten Embryonen zu einem gesunden Tier heranwüchsen, gibt Wolf zu bedenken.

Fraglich ist auch, welche Schäden Klontiere im Laufe ihres Lebens bekommen

Niemann hält die vorgetragenen Klonpläne von Richard Seed, Panos Zavos und Severino Antinori oder der Raelianer-Sekte nicht für realistisch - auch wenn sich Frauen in den USA bereit erklärt haben, Eizellen dafür zu spenden. Er verweist auf die hohe Anzahl von Fehlversuchen bei Tieren. So waren für das Klonschaf Dolly noch 277 Versuche nötig.

Beim Klonen von Rindern werden laut Niemann häufig Fehlgeburten und erkrankte Tiere einkalkuliert, die unbefruchteten Eizellen kämen dutzendweise vom Schlachthof. Nur 14 bis 15 Prozent der erfolgreich geklonten Rinder-Embryonen werden zu lebenden Nachkommen, von denen einige zudem bald erkranken.

So glaubt der Neustädter Forscher auch nicht, dass der erste Klonmensch bereits heimlich in einem privaten Labor entstanden ist. So etwas könne nicht im Geheimen geschehen, da eine erhebliche Infrastruktur und Know-how nötig seien. »Und woher sollten die vielen benötigten Eizellen stammen?«

Äußerst fraglich ist auch, welche Schäden Klontiere im Laufe ihres Lebens bekommen. Bei Dolly wurde kürzlich Arthritis im Hüft- und Kniegelenk festgestellt. Die Ursache ist zwar unbekannt, doch dieses Leiden sind in jedem Fall ungewöhnlich für ein knapp sechsjähriges Schaf. Dolly hat außerdem kürzere Enden des Erbmaterials (Telomere). Gerade diese spielen beim Altern eine Rolle.

Klonen von Nutztieren ist noch zu ineffizient und teuer

Bei Klon-Mäusen hingegen hatten US-Forscher längere Erbgutenden entdeckt. Ein japanisches Team wiederum hat - allerdings an wenigen Tieren - nachgewiesen, dass Klonmäuse früher sterben. Laut Wolf steht noch nicht eindeutig fest, wie lange Klontiere leben. Der Großteil von ihnen habe noch nicht die natürliche Altersgrenze erreicht.

Die meisten Forscher sehen einen künftigen Nutzen der Klontechnik vor allem für die Medizin oder Tierzucht: Gentechnisch veränderte und geklonte Tiere sollen Wirkstoffe in der Milch produzieren oder Spenderorgane für Menschen bereitstellen. Auch besonders wertvolle Zuchttiere könnten vervielfältigt werden. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.

»Das Klonen von Nutztieren ist zur Zeit noch zu ineffizient und teuer«, sagt Niemann. Viele Tiere kommen zu groß zur Welt, haben ein schwaches Immunsystem oder Organschäden. Dennoch sieht der Klonexperte eine der ersten Anwendungen in der Vermehrung wertvoller Zuchtbullen. »Ich gehe davon aus, dass man in fünf bis zehn Jahren versucht, Tiere mit einer Top-Genetik durch Klonen zu vermehren.«

Auch Affen wurden bislang noch nicht geklont

Einige Tiere lassen sich bislang nicht klonen. So gibt es keine Veröffentlichung über geklonte Hunde, bei denen laut Prof. Wolf auch die künstliche Befruchtung nicht etabliert ist. Auch Affen wurden noch nicht nach dem Dolly-Verfahren geklont, bei dem das Erbgut einer ausdifferenzierten Zelle in eine entkernte Eizelle eingesetzt wird.

Bester Gesundheit dagegen erfreue sich die Klonkuh Uschi, das erste in Deutschland geklonte Säugetier, berichtet der Münchner Klonexperte Wolf, der maßgeblich an dem Versuch beteiligt war. Im vergangenen April sei sie sogar auf natürliche Weise Mutter geworden. »Auch ihrem Kalb Udine geht es prima.«

Simone Humml, dpa

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