Viele Menschen sind der Auffassung, dass sie vom Affen abstammen. Diese Annahme hat sich gegenüber dem von der Bibel vermittelten Bild der Menschwerdung ? Gott schuf Adam und Eva als erste Menschen - durchgesetzt. Eine direkte Abstammung des Menschen vom Affen gibt es jedoch nicht. Ähnlichkeiten in Aussehen und Verhaltensweisen rühren daher, dass Affen und Menschen gemeinsame Vorfahren haben.
Entstehung der Menschen durch Klimaveränderung?
Die Forschung ist im vergangenen Jahrzehnt ein großes Stück vorangekommen. Fragen nach dem letzen gemeinsamen Vorfahren der heute lebenden Menschenaffen und des Menschen, nach Entstehung des aufrechten Ganges, nach dem Beginn der Kultur und der ersten Auswanderung aus Afrika können wohlmöglich demnächst beantwortet werden. Der deutsche Paläoanthropologe Friedemann Schrenk aus Frankfurt am Main und sein amerikanischer Kollege Timothy G. Bromage bekräftigen in ihrem neuen Buch »Adams Eltern. Expeditionen in die Welt der Frühmenschen« insbesondere die Annahme, dass die Entstehung des Urmenschen entscheidend mit Klimaveränderungen zu tun habe.
Getrennte Entwicklungen seit rund sieben Millionen Jahren
Überhaupt haben solche Veränderungen eine wichtige Rolle gespielt, wie die beiden Forscher aufzeigen. Unter anderem deswegen haben sich die Entwicklungslinien der gemeinsamen Vorfahren der Menschenaffen und des Menschen vor sieben bis sechs Millionen Jahren getrennt. Zwei eigenständige Stränge entstanden, deren Vertreter in zwei recht unterschiedlichen Naturräumen lebten. Was Schimpansen nur ab und zu tun, wurde hier für unsere ältesten Vorfahren zum normalen Verhalten: das zweibeinige Gehen.
Besonders deutlich haben Funde die Entwicklung des Urmenschen in der Phase seiner Entstehung gemacht. Vor etwa 2,8 Millionen Jahren begann in Afrika eine Zeit der Abkühlung und damit verbundener zunehmender Trockenheit. Sie erreichte vor etwa 2,5 Millionen Jahren ihren Höhepunkt. Die entstandenen Umweltveränderungen übten offensichtlich einen starken Selektionsdruck aus.
Zähne lassen auf Lebensverhältnisse schließen
Sowohl der sehr robuste Vormenschentyp mit mächtigen Knochenkämmen auf dem Schädel als Ansatzstellen für eine massive Kaumuskulatur als auch der Urmensch, Homo rudolfensis, mit seinen starken Kiefern und großen Zähnen werden als eine Reaktion auf die gewandelten Lebensverhältnisse gedeutet. Mit ihrer physischen Ausstattung konnten sie sich das Angebot an härterer Nahrung in den sich ausbreitenden Savannen erschließen. Die mächtigen Backenzähne dienten zum Zermalmen harter Pflanzenfasern und Schalen.
Vorfahren erfanden Schneidewerkzeuge
Homo rudolfensis erhielt seinen Namen von etwa zwei Millionen Jahre alten Funden am heutigen Turkana-See in Kenia. Die Anpassung an die klimatischen Veränderungen ging bei ihm auch mit der Entwicklung eines größeren und leistungsfähigeren Gehirns einher. Neue Funde von Steinwerkzeugen zeigen, dass es zeitgleich mit der Entstehung der Gattung Homo schon erste Werkzeugkulturen gab. Ein Teil der Nahrungsverarbeitung konnte nach außerhalb des Körpers verlegt werden. Erste Werkzeuge zum Aufbrechen harter Nahrung brachten immense Vorteile. Zufällig entstandene scharfkantige Abschläge dienten zum Schneiden. Ein Kadaver konnte leichter zerlegt und Fleisch einfacher gegessen werden.
Schon der Urmensch war ein Allesesser - seine Nachfahren sind bis heute dabei geblieben. Der bislang ältesten Homo rudolfensis wurde 1991 in Malawi in Gestalt eines gefundenen Unterkiefers identifiziert. Er ist 2,5 Millionen Jahre alt.
Auswanderung aus Afrika
In den vergangenen Jahren konnte auch eine schon sehr frühe, vermutlich durch neue Klimaveränderungen bewirkte Auswanderung aus Afrika nachgewiesen werden. Die ältesten Zeugnisse auf Java / Indonesien und in China gehen inzwischen bis etwa 1,8 Millionen Jahre zurück. Vor spätesten 800 000 Jahren waren Frühmenschen dann außer in Afrika und Asien auch in Südeuropa verbreitet.
Unterkiefer identifiziert Frühmenschen
In Mitteleuropa ist die Existenz des Frühmenschen, Homo heidelbergensis, vor etwa 600 000 Jahren zum Beispiel durch den berühmten Unterkiefer von Mauer bei Heidelberg belegt. In den folgenden Jahrhunderttausenden entwickelte sich in Afrika der biologisch moderne Mensch. Auswanderungen gab es vor etwa 120 000 Jahren. »Adams Eltern - und damit auch unser aller Vorfahren - waren also in jedem Fall Afrikaner; so viel zum Thema Rassismus und Ausländerfeindlichkeit«, heißt es in Schrenks und Bromages Buch.