Vulkanismus Gefahr aus der Eifel

Ein Vulkanausbruch in der Eifel? Viele halten dies lediglich für gutes Futter für eine mitreißende TV-Tragödie. Dabei bestätigen Wissenschaftler, dass die Eifel im Untergrund aktiv ist. Sogar sehr aktiv. Ein Ausbruch ist möglich. Nur über den Zeitpunkt herrscht großes Schweigen.
Von Susanne Wächter

Ein Vulkanausbruch in der beschaulichen Eifel ist für die meisten Menschen nur schwer vorstellbar: Die Sonne bahnt sich langsam ihren Weg durch ein dichtes Wolkenfeld. Idyllisch liegt der Laacher See, eingebettet zwischen sanft geschwungenen Hügeln. Genau hier soll es tief unten in der Erde brodeln. Zuletzt schoss das flüssige Magma mit einer Stärke von 500 Hiroshima-Bomben vor 13.000 Jahren aus dem Boden und bahnte sich seinen Weg durch die heutige Eifel. Damit gehört dieser Landstrich zu den jüngsten Vulkangebieten. Über 300 Hügel, Maare und Steilwände der Eifel sind Zeugen dieser bewegten Zeit. Heute schätzen Wanderer das Gebiet und auch Kletterer aus den umliegenden Städten Koblenz, Köln und Bonn schwärmen von den meterhohen Steilhängen.

Täuscht die Idylle? "Die Eifel ist aktiv," sagt Ulrich Schreiber, der zusammen mit einem Geologen-Team der Universität Essen-Duisburg die Aktivitäten der Eifel untersucht. Dabei liegt es dem Geologen fern, die Bevölkerung in Panik zu versetzen. Ihm geht es vielmehr um eine kontinuierliche Messung der Vulkanaktivität. Dies blieb bislang nämlich aus. Wissenschaftler beschäftigten sich immer ein paar Monate mit dem Gebiet, dann waren keine Gelder mehr da und das Forschungsprojekt war beendet. Dabei wäre gerade eine dauerhafte Messung in diesem Gebiet vonnöten. Und das nicht nur am Laacher See. "Optimal wäre es, wenn wir in Plaidt, östlich vom Laacher See, noch eine Messstation installieren könnten", erklärt Schreiber und fügt hinzu: "Wir können hier einfach nicht davon ausgehen, dass es immer ruhig bleibt."

Die ersten Daten nach drei Jahren

Fest installierte Messstationen könnten ab dem dritten Jahr verlässliche Daten liefern, die eine langfristige Prognose erlauben. Wenn die Forschungsgelder auslaufen, werden die Stationen wieder abgebaut. Forschung kostet Geld und irgendwie scheint niemand einen wirklichen Sinn darin zu sehen, die Eifel zu überwachen. Geologen wie Schreiber aber mögen sich kaum vorstellen, was bei einem erneuten Ausbruch passieren könnte.

Die Intensität die vulkanischen Aktivität im Untergrund der Eifel wollen Schreiber und sein Team nun mittels spezieller Messgeräte ermitteln. Im April dieses Jahres konnten sie die erste Station auf einem Privatgelände aufbauen. Ein natürlicher Brunnen, aus dem Massen von Wasser herausschießen, dient den Wissenschaftlern als Anhaltspunkt, wie aktiv die Erde dort im Innern wirklich noch ist. Mit Hilfe eines Massenspektrometers misst Schreiber mit seinen Kollegen die Heliumkonzentration.

Es blubbert und brodelt

"Bei der Analyse bestimmen wir die Konzentration von Helium in dem Kohlensäuregas, das mit dem Brunnenwasser gefördert wird, im Vergleich zur Helium-Konzentration, die sich in unserer Atmosphäre befindet", sagt Schreiber. Wenn die Werte im Brunnengas deutlich über denen der Atmosphäre lägen, können die Wissenschaftler auf Veränderungen im Untergrund schließen - genau wie bei Messungen der Bodenluft im Umfeld von tiefreichenden Bruchzonen. "Unsere ersten Messungen zeigen deutliche Helium-Anomalien über den vermuteten Störungssystemen."

Auch Laien können den an den Ufern versteckter oder auf Privatgrundstücken liegenden Weihern die Aktivität unter der Erde miterleben: Hier blubbert und brodelt es verdächtig - weil stetig CO2 durch entgasendes Magma aufsteigt. Genauso verhält sich der Laacher See an einigen Uferböschungen.

Ameisen als Hinweis

Schreiber verfolgt aber noch eine weitere Theorie. Eine, die er zwar noch nicht hundertprozentig beweisen kann, für die es aber trotzdem viele Belege gibt: Ameisenhügel. "Ameisen bauen normalerweise ihre Nester in Nadelwäldern, hier gibt es aber jede Menge Hügel im Laubbereich", erklärt Schreiber. Seiner Theorie zufolge bauen die Ameisen ihre Nester an den Bruchstellen, aus denen in geringen Mengen Gase austreten. Dort ist es im Winter wärmer und zieht deshalb die Tiere an. Seine Idee ist, die Ameisen als Frühwarnsystem zu nutzen: Wenn sich ein Beben oder andere Aktivitäten im Innern der Erde anbahnen, würden die Ameisen vielleicht ihre Nester verlassen.

Für seine Theorie reiste Schreiber in die USA zum St. Andreas-Graben. Dort bebt die Erde oft wöchentlich. Dies wird für die Geologen aber erst ab einer Stärke von fünf auf der Richtungsskala interessant. Erste zarte Kontakte mit einer jungen Wissenschaftlerin von der California Academy of Science sind geknüpft. Jetzt gilt es, der Theorie gezielt nachzugehen. Wenn Schreiber herausfindet, dass die Ameisen, die bevorzugt auf den Störungszonen ihre Nester bauen, bei Erdbeben das Weite suchen, könnte er dies auch auf die Eifeler Region übertragen.

Schreiber beschäftigt sich schon lange mit seiner Theorie der Ameisenflucht, er schrieb sogar einen Roman darüber. Das Ziel, das er damit verfolgte, geht auf: Immer mehr Menschen interessieren sich plötzlich für die Vulkane in der Eifel und für seine Theorie. Sogar das Fernsehen fand die Thematik filmreif. RTL dreht den Zweiteiler "Der Vulkan". Mit Heiner Lauterbach und Yvonne Catterfeld in den Hauptrollen verfilmt der Kölner Sender eine Geschichte, die zwar erfunden, aber trotzdem in Teilen wahr werden könnte. Den wissenschaftlichen Hintergrund dafür lieferte ihnen Schreiber. Die Dramatik ist allerdings reine Fiktion. Trotzdem betont die Produktionsfirma, dass das Schreckensszenario nicht ganz aus der Luft gegriffen sei. Schließlich sei in der Eifel auch heute noch ein Vulkanausbruch möglich.

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