Die "New York Times" hat Klage gegen die Europäische Kommission eingereicht. Das geht aus einem offiziellen Eintrag im öffentlichen Register des EU-Gerichtshofs hervor, der jedoch keine näheren Details zu den Hintergründen enthält. Einzig der Zeitpunkt, an dem die Klageschrift eingereicht wurde, ist dort hinterlegt: der 25. Januar.
Hintergrund ist offenbar das Interesse der "New York Times" an Textnachrichten zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Pfizer-CEO Albert Bourla, die Informationen zum europäischen Ankauf von Covid-19-Impfstoffen bei dem Pharmaunternehmen enthalten können.
Das berichtet das US-Portal "Politico" und beruft sich dabei auf zwei anonyme Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut seien. Die Zeitung sehe die EU-Kommission demnach gesetzlich dazu verpflichtet, die Nachrichten zu veröffentlichen.
Eine tiefergehende Stellungnahme lehnte die "New York Times" ab. "Die Times reicht viele Anfragen zur Informationsfreiheit ein", hieß es auf Anfrage von "Politico", zu diesem Zeitpunkt könne man sich jedoch nicht zum Inhalt der Anklage äußern. Die EU-Kommission habe auf eine Anfrage zunächst nicht reagiert.
"New York Times"-Recherche löste Chat-Debatte aus
Möglicherweise erhofft sich die Zeitung nähere Details zu einem Deal zwischen der EU und dem Pharmaunternehmen Pfizer, der im April 2021 abgeschlossen wurde und die Lieferung von 1,8 Milliarden Impfstoffdosen umfasst hatte. Das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt.
Seinerzeit berichtete das Blatt, dass die persönliche Beziehung zwischen Kommissionspräsidentin Von der Leyen und Unternehmenschef Bourla eine entscheidende Rolle bei den Verhandlungen gespielt habe. Demnach hätten Von der Leyen und Bourla auch mehrere Textnachrichten ausgetauscht – auf deren Inhalt könnte es die "New York Times" nun abgesehen haben.
Eine Informationsfreiheitsanfrage von "netzpolitik.org", die im Mai 2021 auf Grundlage der "New York Times"-Recherchen die Offenlegung der Chats forderte, wies die Kommission damals ab. Die Begründung lautete, vereinfacht gesagt: Textnachrichten seien kurzlebig und würden daher nicht als Dokumente gelten, die nachgehalten werden müssten – folglich würden sie auch nicht dem Transparenzgesetz der EU unterliegen.
Emily O'Reilly, die Ombudsfrau der EU, hatte das scharf kritisiert. "Nicht alle Textnachrichten müssen registriert werden, aber sie fallen eindeutig unter das EU-Transparenzgesetz", teilte sie Ende Januar 2022 nach einer Untersuchung der Angelegenheit mit. "Daher sollten relevante Textnachrichten erfasst werden." Der Inhalt sei ausschlaggebend, nicht das Gerät oder die Form, hieß es weiter.
Die EU-Kommission hatte ab 2020 mit verschiedenen Pharmakonzernen über die Lieferung von Corona-Impfstoffen verhandelt. Das Vorgehen stand immer wieder in der Kritik, auch, weil die geschlossenen Verträge nur teilweise öffentlich gemacht worden sind.