Jacob Chansley oder Jake Angeli, wie er sich selbst nennt, wird wohl auch noch in vielen, vielen Jahren das Gesicht der Erstürmung des US-Kapitols sein. Wie er da stand, am 6. Januar, mitten in einer Halle vorm Senat, oben ohne und mit einer gehörnten Fellmütze auf dem Kopf, schreiend mit einem Speer bewaffnet. Als "QAnon-Schamane" geisterte er nach dem unrühmlichen Schlussakkord der Präsidentschaft Donald Trumps durch die Presse. Benannt nach der bizarren, rechtsextremen "QAnon"-Verschwörungstheorie, der er anhängt.
Der 33-jährige Angeli ist schon häufiger als "Schamane" auf rechten Demonstrationen aufgefallen. Nach dem Sturm auf das Parlamentsgebäude hatte er im Fernsehen mit dem Angriff geprahlt. "Die Tatsache, dass ein Haufen unserer Verräter im Amt sich verbarrikadierte, Gasmasken aufsetzte und sich im unterirdischen Bunker zurückzog, halte ich für einen Sieg", sagte er bei NBC. Dem FBI sagte er, dass er aus dem 3700 Kilometern entfernten Arizona angereist sei, weil Trump alle "Patrioten" nach Washington gerufen habe.
Angeli fühlt sich von Trump betrogen
Wie sein Anwalt jetzt der Nachrichtenagentur AP sagte, sei Chansley alias Angeli auch bereit, diese Aussage beim Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump vor dem US-Senat zu wiederholen. Das würde bedeuten, dass er sich gegen den Ex-Präsidenten wenden würde – obwohl der "QAnon-Schamane" eigentlich als Anhänger Trumps galt. Sein Verteidiger meinte zuletzt jedoch, dass Chansley sich von Trump betrogen fühle, weil er weder ihn noch andere Teilnehmer des Aufstands begnadigt habe. Der 33-Jährige wurde drei Tage nach dem Kapitolsturm verhaftet und ist wegen Justizbehinderung und ungebührlichen Verhaltens angeklagt.
Gegen den 45. Präsident wiederum läuft wegen Aufwiegelung ein Amtsenthebungsverfahren. Die Verhandlungen beginnen in der zweiten Februarwoche vor dem US-Senat. Es ist bereits der zweite Impeachmentprozess gegen Donald Trump. Wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Kongresskammer dürfte er aber, wie schon vor einem Jahr, freigesprochen werden.