Ariel Scharon Israel will Siedlungen ausbauen

Am Wochenende ist die Räumung israelischer Siedlungen im Gaza-Streifen weitgehend friedlich verlaufen. Unterdessen kündigt der israelische Premierminister Ariel Scharon an, die Siedlungen im Westjordanland auszubauen.

Als letzte jüdische Siedlung im Gazastreifen soll das isoliert liegende Netzarim geräumt werden. Später wird im Westjordanland mit der Evakuierung von vier Siedlungen begonnen, wobei die Regierung teils starken Widerstand erwartet. Die Armee rechnete mit wenig Widerstand der 496 Bewohner von Nezarim, einer isolierten Enklave im Zentrum des Gaza-Streifens. "Wir standen in Kontakt mit den Einwohnern und hoffen auf einen ruhigen Umzug", sagte ein Militärsprecher. Weniger Zuversicht auf einen ruhigen Abzugsverlauf gab es bezüglich der beiden Siedlungen Sanur und Homesch im Westjordanland, die als nächstes auf dem Abzugsplan von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon stehen. In Sanur und Homesch befänden sich etwa 2.000 bewaffnete Extremisten, verlautete aus Militärkreisen.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will jüdische Siedlung im besetzten Westjordanland ungeachtet internationaler Kritik weiter vergrößern. "In den Siedlungsblöcken wird gebaut", zitierte die "Jerusalem Post" den Regierungschef. Jede israelische Regierung seit 1967 habe strategische Interessen in dem Gebiet verfolgt. Scharon sagte, er fürchte trotz des Siedlungsausbaus nicht um US-Milliardenhilfe, die Israel im Gegenzug für den laufenden Abzug aus dem Gazastreifen erhalten soll. Der Nahost-Friedensplan (Road Map) fordert ein Ende des jüdischen Siedlungsbaus in den Palästinensergebieten.

Am Sonntag drangen israelische Sicherheitskräfte in die Siedlungen Katif, Slav, Atzmona und Eli Sinai im Gazastreifen ein. In der bereits geräumten Siedlung Nisanit suchten Truppen nach zugereisten Protestierern. In Katif mussten Bulldozer brennende Heuballen und Holz-Paletten aus dem Weg räumen, mit denen die Siedler den Eingang blockiert hatten. Dutzende Soldaten drangen in die Siedlung über einen Zaun vor. Die Bewohner verließen die Siedlung nach Polizeiangaben dann friedlich, nachdem sie gemeinsam mit den Soldaten einen Gottesdienst feierten. "Der Abzug aus dem Gazastreifen ist bislang auf die bestmögliche Weise abgelaufen", sagte ein Armeesprecher.

Großteil der Siedler hat Gaza-Streifen verlassen

Von den 8500 jüdischen Siedlern im Gaza-Streifen haben damit 95 Prozent den Küstenstreifen verlassen. Die am vergangenen Mittwoch begonnene Operation der israelischen Sicherheitskräfte war am Freitagabend wegen des jüdischen Sabbats für einen Tag unterbrochen worden. Die israelische Polizei hatte auch die Räumung des großen Siedlungsblocks Gusch Katif am Sonntagabend für beendet erklärt. "Ihr habt hier wirklich etwas vollbracht, das unerträglich schwierig war - sehr schwierig für die Einwohner, schwierig für Euch, aber lebenswichtig für den Staat Israel", sagte Scharon in einer Ansprache an die militärischen Räumungskommandos. Die israelische Armee geht davon aus, dass alle 25 zu evakuierenden Siedlungen im Gazastreifen und nördlichen Westjordanland bis Ende der Woche geräumt sein werden.

Um geräumte Siedlungen im Gazastreifen wurden tiefe Schutzgräben ausgehoben, um ein Eindringen von Palästinensern zu verhindern. Zwischen den geräumten Siedlungen Neve Dekalim und Ganei Tal wurde nach Militärangaben erstmals ein israelischer Soldat bei einem Beschuss militanter Palästinenser verletzt. In der freiwillig geräumten Siedlung Ganei Tal begannen Siedler mit dem genehmigten Abbau aller beweglichen Güter. In anderen bereits evakuierten oder verlassenen Siedlungen im Gazastreifen bereiteten Bautrupps die Zerstörung leerer Häuser vor. Die palästinensische Autonomiebehörde wünscht eine Zerstörung der Siedlerhäuser und will auf den Flächen eigene Bauprojekte verwirklichen.

Gaza-Streifen wird eigene Provinz

Der palästinensische Wohnungsminister Mohammed Ischtia kündigte am Sonntag an, man wolle den Gazastreifen nach dem israelischen Abzug in eine einzige Provinz verwandeln. Bislang ist das Gebiet in fünf Verwaltungsbezirke aufgeteilt. Nach der israelischen Räumung wolle man mit neuen Bauprojekten Verbindungen zwischen den bestehenden palästinensischen Wohngegenden schaffen, sagte Ischtia. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte am Sonntag die rasche Umsetzung der Zwei-Staaten-Plans. Bei einer Pressekonferenz mit dem amerikanischen Gesandten David Welsh sagte Abbas, nach dem israelischen Abzug aus dem Gazastreifen gehe es jetzt um die Verwirklichung der von US-Präsident George W. Bush angestrebten Zwei- Staaten-Lösung. "Ein palästinensischer Staat würde in Frieden Seite an Seite mit dem Staat Israel leben", betonte Abbas. Abbas hat Parlamentswahlen für den 25. Januar angekündigt.

Der amerikanische Bürgerrechtler Jesse Jackson erklärte unterdessen, nach dem israelischen Abzug seien die Palästinenser am Zug. Scharon tausche mit der Räumung jüdischer Siedlungen Land gegen Frieden. Jetzt seien die Palästinenser in der Pflicht, die Gewalt im Nahen Osten zu beenden, sagte Jackson.

AP · DPA · Reuters
DPA/Reuters/AP