Bildungsproteste in Chile Präsident will mit Studenten reden

Vor einem Jahr konnte Chiles Präsident Sebastian Piñera noch überglücklich in die Kameras winken, als alle Bergleute nach einem Minenunglück gerettet werden konnten. Jetzt musste er wütende Studenten und Schüler darum bitten, mit ihm über das Bildungssystem zu sprechen. Seine Umfragewerte liegen im Keller.

Nach den jüngsten massiven Studentenprotesten in Chile hat die Regierung des konservativen Präsidenten Sebastian Piñera zum Dialog aufgerufen. "Der Wille zum Dialog ist da, sagt mir nur wann und wo", erklärte Regierungssprecher Andrés Chadwick am Mittwoch. Gleichzeitig legte die Regierung eine Reihe von Reformprojekten im Parlament vor. Etwa 100 000 Studenten, Schüler und Lehrer hatten am Dienstag in Santiago de Chile an einer Demonstration für ein gebührenfreies Bildungssystem teilgenommen.

Die massiven Kundgebungen, die auch in Valparaíso und anderen Städten organisiert wurden, endeten am Dienstagabend nach einem allgemein friedlichen Verlauf mit Ausschreitungen kleinerer Gruppen. Bilanz: 396 Verhaftungen und 55 verletzte Polizisten. Vergangene Woche waren bei einer nicht erlaubten Demonstration fast 900 Studenten und auch minderjährige Schüler festgenommen worden.

In Chile sind alle Universitäten und ein Großteil der Schulen gebührenpflichtig. Die Kosten eines Universitätsstudiums übersteigen die finanziellen Möglichkeiten von mehr als der Hälfte der Bevölkerung. Der seit mehreren Monaten andauernde Konflikt um eine Reform des Bildungs- und Erziehungssystems hat die Regierung Piñeras in ein Popularitätstief gestürzt. Letzten Umfragen zufolge wird sie nur noch von 25 Prozent der Bürger unterstützt. Der Mitte-Links-Opposition geht es mit rund 20 Prozent Unterstützung auch nicht besser.

AFP
ono/AFP