Nach dem Amoklauf mit 16 getöteten afghanischen Zivilisten sind neue Details über den mutmaßlichen Täter bekannt geworden. Den US-Soldaten habe die Verletzung eines Kameraden bei einer Explosion am Tag vor der Tat sehr mitgenommen, sagte sein Anwalt John Henry Browne am Donnerstag. Der 38-jährige Familienvater habe wegen seines Auslandseinsatzes unter Stress gelitten, sei aber zur Tatzeit nicht betrunken gewesen.
Sein Mandant sei unglücklich darüber gewesen, dass er nach seinen drei Einsätzen im Irak im Dezember nochmals in ein Kampfgebiet entsendet worden sei. "Seine Familie hat darauf gezählt, dass er nicht noch einmal ins Ausland verlegt wird und das hat sich dann praktisch über Nacht geändert", sagte Browne.
Während seiner vorherigen Einsätze im Irak hatte der US-Soldat Verletzungen am Kopf und an einem Fuß erlitten. Am Samstag vor einer Woche musste er einem Medienbericht zufolge dann mitansehen, wie ein Freund bei einer Explosion ein Bein verlor. Das habe ihn schockiert, sagte sein Anwalt.
Kein Alkohol im Spiel
Browne wies einen Bericht der "New York Times" zurück, wonach laut einem US-Vertreter eine "Kombination aus Stress, Alkohol und häuslichen Problemen" Ursache für den Amoklauf war. Er habe keine Informationen, dass Alkohol eine Rolle gespielt habe, sagte der Anwalt. Zudem habe es keinen Streit mit der Frau gegeben. Gespräche mit der Familie des 38-Jährigen hätten darüber hinaus ergeben, dass sein Mandant keinen Hass auf Muslime gehegt habe.
Allerdings könne er sich gut vorstellen, dass der mutmaßliche Amokläufer unter Stress gestanden habe. "Wer würde in einem kleinen Camp mit 20 Leuten mitten im Nirgendwo in Afghanistan nicht unter Stress stehen?", fragte Browne.
Nach Angaben eines Regierungsvertreters soll der mutmaßliche Amokschütze bereits in Kürze in die USA gebracht werden, vermutlich nach Fort Leavenworth im US-Bundesstaat Kansas. Er war nach Informationen des Fernsehsenders CNN bereits von Afghanistan aus auf eine US-Militärbasis in Kuwait gebracht worden.
Amokschütze droht Prozess vor Militärgericht
Die Verlegung des Soldaten möglicherweise noch am Freitag sei das Ergebnis von Verhandlungen mit der kuwaitischen Seite, die den mutmaßlichen Amokschützen nicht länger im Land behalten wolle, hieß es. Das Parlament in Kabul hatte ein öffentliches Verfahren gegen den Mann in Afghanistan gefordert. In den USA droht ihm ein Prozess vor einem Militärgericht.
Die Identität des US-Soldaten ist nach wie vor nicht bekannt. Auch eine Anklage wurde noch nicht erhoben. In Ostafghanistan wurde unterdessen ein Soldat der Internationalen Schutztruppe (Isaf) getötet. Die Isaf teilte am Freitag mit, zu dem Bombenanschlag sei es bereits am Vortag gekommen. Angaben zur Nationalität machte die Nato-geführte Schutztruppe wie üblich nicht.