Am Mittwoch sorgte Lord Michael Bates im Oberhaus des britischen Parlaments für offene Münder und große Augen: Es kostete ihn gerade mal 60 Sekunden, sich vielmals für seine Verspätung zu entschuldigen, seinen Rücktritt einzureichen und seine Kollegen sprachlos zurückzulassen.
"Ich möchte mich bei Baroness Lister aufrichtig dafür entschuldigen, dass ich nicht zur Stelle war, um ihre Fragen zu einem sehr wichtigen Thema zu beantworten", fing der Minister für internationale Entwicklungshilfe seine kurze Ansprache an. Bates hätte eigentlich um Punkt 15 Uhr vor die Mitglieder des House of Lords treten müssen, um Auskunft über die Einkommensungleichheit zu erteilen. Der Lord kam allerdings wenige Minuten zu spät. Wahrscheinlich weil die sonst üblichen Gebete zum Anfang einer jeden Sitzung an diesem Tag bereits am Morgen stattgefunden hatten und Bates damit nicht gerechnet hatte. Und so musste ein anderer für ihn einspringen.
Eine unmögliche Angelegenheit, befand Bates offenbar. "Während der letzten fünf Jahre, in denen ich das Privileg hatte im Auftrag der Regierung hier Fragen zu beantworten, war ich immer der Überzeugung, dass wir die höchsten Standards der Höflichkeit und des Respekts einhalten sollten", sagte der zerknirschte Lord. "Ich schäme mich sehr, nicht da gewesen zu sein und deshalb werde ich der Premierministerin meinen Rücktritt anbieten... mit sofortiger Wirkung." Sprach, kramte seine Sachen zusammen und verließ die Kammer.
May lehnt Bates Rücktrittsangebot ab
Seine Kollegen wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Die einen lachten ungläubig, die anderen versuchten Bates zurückzuholen, und mancher verlor sogar soweit die Contenance, dass er sich zu lauten Nein-Rufen hinreißen ließ.
Doch aus Bates Rücktritt wird nichts. Premierministerin Theresa May lehnte sein Ersuchen ab. "Mit der für ihn charakteristischen Aufrichtigkeit bot Lord Bates heute seinen Rücktritt an, nachdem er den Beginn einer Fragestunde im House of Lords verpasst hatte. Aber sein Antrag wurde abgelehnt", zitiert der britische "Guardian" einen Sprecher der Downing Street.
Auch Baronesse Lister, deren Fragen Bates beantworten sollte, nimmt ihrem Kollegen die Verspätung nicht übel. "Es war eine kleine Unhöflichkeit, deren sich jeder von uns gelegentlich schuldig macht. Von allen Ministern, die ich zum Rücktritt bewegen wollen würde, wäre er der letzte", kommentierte sie scherzhaft die Angelegenheit.