George W. Bush Misstrauen in der Heimat, Proteste im Ausland

Ein Präsident in Not: Die Mehrheit der Amerikaner zweifelt an der Rechtschaffenheit von George W. Bush, wie eine Umfrage ergeben hat. Und auch auf dem Amerika-Gipfel wird er sich Kritik anhören müssen.

In der Heimat ist man derzeit nicht gut auf US-Präsident George W. Bush zu sprechen. Nur noch 40 Prozent aller Bürger betrachten ihr Staatsoberhaupt als aufrichtig und vertrauenswürdig. Das hat eine Umfrage des Fernsehsenders ABC News und der "Washington Post" ergeben. Und erstmals in der Amtszeit von George W. Bush stellt eine Mehrheit der US-Bürger in einer Umfrage die Rechtschaffenheit ihres Präsidenten in Frage.

Ebenfalls zum ersten Mal während Bushs Amtszeit bezeichnen weniger als die Hälfte der Befragten den Präsidenten eine starke Führungspersönlichkeit. Hintergrund der schlechten Umfrageergebnisse dürften die Schlagzeilen der vergangenen Tage sein. Zum einen steht der enge Berater Bushs, Lewis Libby, wegen der Enttarnung einer CIA-Agentin vor Gericht. Zum anderen werden Stimmen lauter, die die Menschenrechts-Politik der Regierung scharf kritisieren. So stufen 67 Prozent Bushs Umgang mit ethischen Fragen in der Regierung als "negativ" ein.

55 Prozent glauben, dass Bush sie in die Irre geführt hat.

Und auch die unkontrollierbare Lage im Irak lastet zusehends auf dem Präsidenten. Inzwischen sind sogar 55 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Regierung von George W. Bush sie bei der Begründung für den Irak-Krieg absichtlich in die Irre geführt habe. Im Frühling hatte sich noch nur eine Minderheit entsprechend geäußert.

Die Gesamtbilanz des Präsidenten missfalle 60 Prozent der Befragten. Dies sei ein Wert, den man nicht mehr gesehen habe seit der Rezession, die Bushs Vater George Bush aus den Amt gedrängt habe, berichtet ABC.

Manchmal hilft gegen derartige Stimmung im eigenen Land eine Reise ins Ausland, wo man mit anderen Staatsoberhäuptern um die Wette lächeln kann. Die tritt George W. Bush zwar auch an, aber freudig erwartet wird er dort nicht. Zumindest nicht von allen.

Am Freitag beginnt im argentinischen Mar del Plata das Gipfeltreffen der amerikanischen Staaten. Und schon im Vorfeld haben rund 10.000 Demonstranten gegen das Treffen im Allgemeinen und gegen Bush im speziellen demonstriert. An den Protesten will sich auch der frühere Fußballstar Maradona beteiligen, der am Donnerstagabend gemeinsam mit hunderten Aktivisten in einem Zug nach Mar del Plata fuhr. Der venezolanische Präsident und Bush-Kritiker Hugo Chavez will in einem Stadion eine Rede halten. Das Gipfeltreffen wird begleitet von strengen Sicherheitsvorkehrungen. Rund 8000 Polizisten sind im Einsatz, der Stadtteil mit den Tagungshotels wurde abgeriegelt.

Im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens der 34 Staats- und Regierungschefs soll nach dem Willen der Organisatoren die Reduzierung der Arbeitslosigkeit und die Bekämpfung der Armut in Nord- und Südamerika stehen. In den vergangenen Tagen konzentrierte sich die Aufmerksamkeit der Teilnehmer jedoch auf die Bestrebungen der USA nach einer panamerikanischen Freihandelszone (FTAA).

Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zeigt sich enttäuscht von dieser Entwicklung. "Dies ist kein Gipfel über die FTAA", sagte Jose Miguel Insulza. Die USA sehen im freien Handel von der kanadischen Arktisregion bis Feuerland das wichtigste Rezept für die Überwindung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme Lateinamerikas. Kritiker wie der venezolanische Präsident Hugo Chavez erklärten dagegen, der Freihandel werde den Ländern Südamerikas aufgezwungen.

DPA · Reuters
Mit Material von AP/DPA/Reuters