In Albanien zeichnet sich ein Sieg der vereinigten oppositionellen Linksparteien bei der Parlamentswahl vom Sonntag ab. Nach einer Hochrechnung auf der Basis von 20 Prozent der ausgezählten Wahlurnen können die Sozialisten mit bis zu 84 der 140 Sitze rechnen, wie der TV-Sender Top Channel am Montag in der Hauptstadt Tirana berichtete. Nach Hochrechnungen anderer Medien kommen die Sozialisten auf 82 Sitze. Das rechtskonservative Parteibündnis des seit 2005 regierenden Sali Berisha wird 56 bis 58 Mandate erhalten.
Die Wahl war von Unregelmäßigkeiten und Manipulationsvorwürfen begleitet. So seien Wähler ohne Personalausweis zur Stimmabgabe zugelassen worden. Faire Wahlen waren die Voraussetzung, dass der Balkanstaat näher in Richtung #link;www.stern.de/reise/service/europaeische-union-90315604t.html;EU#-Kandidatenstatus rückt. Als Vertreter des Europarates sprach der ehemalige slowakische Außenminister Eduard Kukan am Montag dennoch von einer demokratischen und fairen Wahl. Damit habe das ärmste Land Europas einen Schritt in Richtung EU gemacht. Regierungschef Berisha, 68, habe ihm versprochen, er werde das Wahlergebnis anerkennen. Der wahrscheinliche Wahlsieger ist der frühere Bürgermeister der Hauptstadt Tirana, Edi Rama, 48.
Schwere Gewalt am Wahltag
Am Wahlabend hatten sowohl das Regierungs- als auch das Oppositionslager den Sieg für sich beansprucht. Auslöser waren zwei gegensätzliche Ergebnisse von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe. Zudem kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen im Lauf des Wahltages. In Lac, 35 Kilometer nördlich von Tirana, wurde ein Anhänger der Sozialisten erschossen. In der Hafenstadt Vlora, im Süden des Landes, zerstörte eine Explosion das Auto des örtlichen sozialistischen Parteisekretärs.
Nur gut die Hälfte der 3,3 Millionen Wahlberechtigten gab ihre Stimme ab. Kommentatoren sahen darin ein Zeichen der Resignation, weil dieselben Parteien und Politiker seit zwei Jahrzehnten gegeneinander antreten. Viele Bürger des wirtschaftlich schwer angeschlagenen Landes hätten auf jüngere und gut ausgebildete Kräfte gehofft. Diese würden jedoch von alteingesessenen Politikern blockiert.