Mit der Festnahme des mutmaßlichen ETA-Chefs Mikel Albisu Iriarte alias "Mikel Antza" ist den Fahndern einer der schwersten Schläge seit Jahren gegen die baskischen Separatisten gelungen. Lebensgefährtin Anboto, die mit Antza ein Kind hat und in Spanien als eine der "blutrünstigsten" Terroristinnen gilt, ging der Polizei ebenfalls ins Netz. Ihr wird die Beteiligung an 14 Morden in der Zeit von 1984 bis 1993 zur Last gelegt. Beide seien anhand von Fingerabdrücken eindeutig identifiziert worden, teilte die Polizei mit. Politiker aller Parteien in Spanien beglückwünschten die französische Polizei für die Ergreifung des 43-Jährigen. Aber niemand wagte zu behaupten, dass der Terror im Baskenland nun besiegt sei.
Die ETA, die mit Mitteln des Terrors die Unabhängigkeit des Baskenlands erzwingen will, war schon häufiger totgesagt worden. So auch 1992, als in Bidart im Südwesten Frankreichs mit einem Schlag praktisch die gesamte Führung der Polizei in die Hände fiel. Aber die ETA verstand es immer wieder, sich neu zu organisieren. Damals setzte sich jener Mikel Antza an die Spitze, der nun zwölf Jahre später den Ermittlern ins Netz ging. In den vergangenen Jahren nahm die Polizei immer wieder die verschiedenen Militärchefs der ETA fest, nur Mikel Antza, der als der Führer des politischen Apparats gilt, blieb unauffindbar.
Kein typischer ETA-Anführer
Der 43-Jährige ist kein typischer ETA-Anführer. Er hatte sich nicht mit Anschlägen an die Spitze der Organisation gebombt; ihm wird keine direkte Beteiligung an einem Attentat zur Last gelegt. Als junger Mann hatte er Theaterstücke inszeniert, Literaturkritiken und Erzählungen geschrieben. 1982 gewann er den Literaturpreis der Stadt Irún. Mit dem Gesetz geriet er in Konflikt, als er 1985 Häftlingen zum Ausbruch aus dem Gefängnis verhalf.
Seit Mikel Antza 1992 die politische Führung der ETA übernahm, wurden bei Anschlägen der Organisation 120 Menschen getötet. Der spanische Ermittlungsrichter Baltasar Garzón legt ihm zur Last, als Chef der ETA für die Morde mitverantwortlich zu sein. Antza wurde 1961 in San Sebastián geboren. Sein Spitzname kommt aus der Zeit seines Philologiestudiums, als er von ihm verfasste Literaturkritiken mit dem Pseudonym Antza zeichnete.
Die ETA gilt seit dem Friedensprozess in Nordirland - und abgesehen von islamistischen Gruppen - als die gefährlichste Terror- Organisation in Westeuropa. Durch die Festnahmen der letzten Zeit wurde sie jedoch so geschwächt wie nie zuvor. Monatelang verübte sie überhaupt keine Anschläge. Im vorigen Sommer meldete sie sich mit einer Serie von kleineren Bombenexplosionen in Nordspanien zurück. "Damit wollte die ETA zeigen, dass sie jederzeit zuschlagen kann", schrieb die Zeitung "El Mundo".
Politische Orientierungslosigkeit
Zur militärischen Schwächung kommt bei der ETA eine zunehmende politische Orientierungslosigkeit hinzu. Die autonome Regierung des Baskenlands strebt für die Region einen Status an, der dem eines unabhängigen Staates sehr nahe käme. Die ETA-Separatisten zeigten mal Sympathien für das Vorhaben, mal verurteilten sie den Plan als einen "historischen Irrtum".