Tibet, einst ein selbstständiger Staat auf einem Hochplateau nördlich des Himalaya, wurde Anfang der fünfziger Jahre von China gewaltsam annektiert. Ihr Versprechen, das politische System sowie die religiöse und kulturelle Identität der Tibeter zu respektieren, haben die Kommunisten gebrochen. Stattdessen drängten sie dem abgeschieden Land ihr marxistisches System auf. Die Vergabe der Olympischen Spiele 2008 nach Peking hat nach Ansicht tibetischer Exil-Organisationen die Politik Chinas bestätigt.
Gegen die Herrschaft der Chinesen wehrten sich die Tibeter 1959 in einem erfolglosen Aufstand. Der Dalai Lama, einst die höchste geistige und weltliche Autorität, floh ins Exil nach Indien. Dort wurde er zum Symbol des gewaltlosen Widerstands gegen die Unterdrückung seiner Heimat. Während Zehntausende seiner Landsleute ebenfalls flüchteten, leisteten andere zu Hause Widerstand, der sich immer wieder in Unruhen entlud. Die Chinesen reagierten mit dem Einsatz von Soldaten, scharfen Überwachungsmaßnahmen, strengen Kontrollen des religiösen Lebens und der Zerstörung zahlloser Klöster.
Mit der systematischen Ansiedlung von Chinesen droht die eingesessene Bevölkerung zur Minderheit im eigenen Land zu
werden. Insgesamt leben heute in dem 1,2 Millionen Quadratkilometer großen Land nur 2,5 Millionen Menschen. Ihre wichtigste Erwerbsquelle ist die Landwirtschaft.
Dalai Lama setzt auf »echte Autonomie«
Nicht nur Tibeter beklagen die Situation. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) prangert das Verhalten Chinas an. Im 1965 formal zur »Autonomen Region« erklärten Tibet seien seit 1987 »Tausende von Personen verhaftet (worden), die sich meist friedlich für die Unabhängigkeit ihrer Heimat eingesetzt« hätten. Unter den »hunderten« politischen Gefangenen seien »zahlreiche Nonnen und Mönche«, heißt es in einem kürzlich vorgelegten Bericht.
Während viele Exil-Tibeter die Ausrichtung von Olympia 2008 in China strikt ablehnen, hat der Dalai Lama dies von Fortschritten bei den Menschenrechten abhängig gemacht. Der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1989 besteht auch nicht mehr auf einer politischen Unabhängigkeit seiner Heimat, sondern verlangt nur noch eine »echte Autonomie«.