Die israelische Regierung hat beschlossen, die Bodenoffensive im Südlibanon nicht auszuweiten. "Unser großer Vorteil gegenüber Hisbollah ist unsere Feuerkraft, nicht der Kampf von Mann gegen Mann", sagte Justizminister Chaim Ramon. Arbeitsminister Eli Ischai forderte: "Wir sollten Ortschaften, die Widerstand leisten, aus der Luft angreifen, nachdem wir die Einwohner zum Verlassen aufgefordert haben. Dörfer, in denen sich Hisbollah-Terroristen verstecken, sollten wir nicht betreten, bevor wir sie in Sandkästen verwandelt haben."
Dennoch mobilisierte die Armee weitere Reservisten. Bis zu drei Divisionen würden angefordert, sagte Generalleutnant Dan Haluz am Donnerstag. Das würde bedeuten, dass rund 15.000 Reservisten zum Einsatz kämen. Angeblich sollen sie nur für die aktiven Truppen eingetauscht werden.
Sicherheitsrat "tief schockiert"
Der Weltsicherheitsrat hat sich unterdessen auf eine Erklärung zu dem israelischen Angriff auf einen UN-Posten im Südlibanon geeinigt. Auf Druck der USA wurde ein Absatz, der das israelische Vorgehen verurteilt, ersatzlos gestrichen. In dem Text heißt es nun lediglich, der Sicherheitsrat sei "tief schockiert" über den Tod der vier UN-Beobachter. "Israel und alle anderen beteiligten Seiten" sollten das Völkerrecht einhalten und das UN-Personal schützen. Die Erklärung ist - da es sich aber nur um eine so genannte Präsidentenerklärung und nicht um eine Resolution handelt - nicht bindend.
Am Donnerstag meldete sich auch erstmals die Extremistengruppe Al-Kaida zu Wort. Vize-Chef Aiman al-Sawahri sagte in einer Videobotschaft auf dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira: "Moslems überall, ich fordere Euch auf, zu kämpfen und Märtyrer im Krieg gegen die Zionisten und die Kreuzritter zu werden." US-Präsident George W. Bush gab sich in einer ersten Reaktion gelassen: Das ist ein Bursche, der in einer abgelegenen Region der Welt sitzt und Erklärungen abgibt, in denen die Leute dazu aufgerufen werden, mit terroristischen Taktiken unschuldige Menschen zu töten." Das neue Video überrasche ihn nicht weiter. Ein Sprecher des Präsidialamtes hatte zuvor erklärt, noch könne nicht eindeutig gesagt werden, ob die Aufnahme tatsächlich echt sei. Der Mann in dem Video sehe aber wie Sawahri aus.
Reinigungsmittelfabrik beschossen
Die Kämpfe im Krisengebiet gingen unterdessen unvermindert weiter. Die israelische Luftwaffe flog mehr als 90 Angriffe, dabei wurden nach Angaben der libanesischen Polizei elf Menschen getötet. In der Grenzstadt Bint Dschbeil lieferten sich israelische Soldaten heftige Gefechte mit der radikalen Hisbollah-Miliz. Die Hisbollah feuerte mindestens 80 Raketen auf Nordisrael und schoss eine Reinigungsmittelfabrik in Kirijat Schmona in Brand. Es kam auch zu Waldbränden. Mehrere Israelis wurden verletzt.
Die Zahl der Todesopfer stieg seit Kriegsbeginn am 12. Juli auf mindestens 500 Menschen, darunter rund 50 Israelis.
Zustimmung zum Krieg
Gleichwohl ist auf beiden Seiten die Zustimmung zum Krieg anscheinend hoch. Einer Umfrage des Beiruter Studien- und Informationszentrums zufolge begrüßen 87 Prozent der Libanesen den Kampf der Hisbollah. 70 Prozent bejahten zudem die Frage, ob es richtig war, dass die Hisbollah am 12. Juli zwei israelische Soldaten in den Libanon verschleppte. Dies war der Auslöser der israelischen Angriffe.
In Israel bricht die Unterstützung zwar geringfügig ein, ist aber immer noch auf hohem Niveau. Laut einer Umfrage der Zeitung "Maariv" wollen 82 Prozent der Bevölkerung, dass die Hisbollah aus den Grenzgebieten vertrieben wird. In der vergangen Woche stimmten noch 90 Prozent zu. Unverändert meinen 95 Prozent der Befragten, der Angriff auf den Libanon sei eine gerechtfertigte und richtige Antwort auf die Entführung der Soldaten und die Tötung von acht weiteren Militärs am 12. Juli.