US-Wahl Unbeliebte Greise: Warum die meisten Amerikaner weder Joe Biden noch Donald Trump ausstehen können

Präsident Obama? Seeweg Ukraine? Trump und Biden irren und blamieren sich um die Wette
 Präsident Obama? Seeweg Ukraine? Trump und Biden irren und blamieren sich um die Wette
© n-tv / RTL
Sehen Sie im Video: Peinliche Fehler bei politischen Fakten – Trump und Biden blamieren sich um die Wette.
Videoquelle: n-tv
Biden gegen Trump – die US-Wahl ist ein Duell der unbeliebten Präsidentschaftskandidaten. Die beiden eint mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Doch die Gemeinsamkeiten sprechen eher gegen die Kandidaten.

Monatelang hatte es sich abgezeichnet – nun ist klar: Die Kandidaten der US-Präsidentschaftswahl im Herbst heißen Joe Biden und Donald Trump. Ein Duell, das sich viele in den USA eigentlich nicht noch einmal gewünscht hätten. Die Mehrheit der US-Amerikanerinnen und Amerikaner mag beide Kandidaten nicht.

Es gibt gar eine ganze Wählergruppe, die US-Medien "double haters" nennen – die also beide Kandidaten hassen. Auf sie könnte es am Ende ankommen. Fünf Gründe, die gegen Biden und Trump sprechen.

Joe Biden:

  1. Alter: Der US-Präsident ist 81 Jahre alt, am Ende einer zweiten Amtszeit wäre er 86. Immer wieder unterlaufen ihm Versprecher und Verwechsler, die ihm insbesondere sein Konkurrent gerne vorhält. Da wird aus Russlands Krieg in der Ukraine der Krieg im Irak, aus dem Präsidenten Ägyptens wird der Präsident von Mexiko, Bundeskanzlerin Angela Merkel wird zum Altkanzler Helmut Kohl. Bei den Wählerinnen und Wählern kommt das nicht gut an. In einer Umfrage von NBC News im Februar stimmten 62 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass ihnen die mentale und körperliche Fitness Bidens "große Sorgen" bereitet. Obwohl er nach Einschätzung seiner Ärzte fit ist für den Job.
     
  2. Er ist unbeliebt: Biden wurde 2020 auch von seiner Partei nominiert, weil die meisten sich auf ihn einigen konnten. Doch sein größtes Plus scheint sich vier Jahre später gegen ihn gewendet zu haben. Ein amtierender Präsident könnte – ja müsste – bessere Umfragewerte haben. Doch die Mehrheit der US-amerikanischen Wähler mag Biden nicht. Laut "Five Thirty Eight", einem Portal, das Meinungsumfragen zusammenträgt und zu eigenen Indizes zusammenfasst, haben durchschnittlich 55 Prozent der Befragten eine negative Meinung zu Biden. Eine Umfrage im letzten Jahr zeigte auch: Hätten Wähler unter 30 Jahren die Wahl zwischen Biden und irgendeinem anderen Kandidaten, würden sich 58 Prozent für die Unbekannte entscheiden.
     
  3. Nahost-Politik: Seine Haltung im Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas wird zunehmend zum Problem für Biden. Kritiker werfen ihm vor, sich nicht genug für einen Waffenstillstand einzusetzen und die Bevölkerung im Gazastreifen nicht ausreichend zu unterstützen. "Genocide Joe" nennen ihn manche – ein Bezug auf den Völkermord-Vorwurf gegen Israel. Bei der Vorwahl in Michigan hatten als Demokraten registrierte Wähler aus Protest "uncommited" abgestimmt, zu Deutsch etwa "neutral". Gewinnt er diese Wählerschaft nicht zurück, wird es schwer am 5. November.
     
  4. Den Linken nicht links genug: Bei der vergangenen Präsidentschaftswahl 2020 setzte sich Biden in den parteiinternen Vorwahlen gegen dezidiert linke Kandidatinnen und Kandidaten durch, wie die Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Der moderate Biden, so die Hoffnung damals, könnte auch für Konservative wählbar sein, die gegen Trump waren. Doch Linke werfen ihm vor, sich zu wenig gegen Rassismus und gegen die Klimakrise einzusetzen. Seine Nahost-Politik wird auch hier zum Problem, und Wahlversprechen wie den Erlass von Studienkrediten konnte er nicht durchsetzen. Biden hat auch die meist von Republikanern genutzte Redewendung übernommen, die "Grenze dichtzumachen" ("shut down the border") – ein Kritikpunkt für einige Liberale.
     
  5. Er kann seine Erfolge nicht verkaufen: Biden ist nach vielen Kriterien ein erfolgreicher Präsident. Er hat mehrere überparteiliche Vorhaben durchgebracht wie den "Inflation Reduction Act", konnte damit die Inflation senken und die Arbeitslosigkeit reduzieren. Die Gehälter steigen, der Aktienmarkt zieht an. Doch die Bevölkerung merkt (noch) keinen wesentlichen Unterschied im Geldbeutel. Wenn Wählerinnen und Wähler danach gefragt werden, wen sie für wirtschaftlich kompetenter halten, führt Trump. Somit kann Bidens Administration aus seinem wohl größten Plus derzeit noch kein Kapital schlagen.

Donald Trump:

  1. Alter: Bei allen Vorwürfen gegen Joe Biden wird gern vergessen, dass auch Donald Trump im Sommer 78 Jahre alt wird. Er war zum Zeitpunkt seines Amtsantritts 2017 der älteste US-Präsident jemals – bis Joe Biden kam. Auch Trump fällt mit Aussetzern auf. Bei Auftritten schwadroniert er häufig über Barack Obama als angeblich amtierenden Präsidenten, verwechselt Nordkorea mit China und vertauscht seine ehemalige Konkurrentin Nikki Haley mit der Demokratin Nancy Pelosi. In einer ABC-Umfrage im Februar gaben 62 Prozent der Befragten an, sie hielten Trump für zu alt.
     
  2. Auch Trump ist unbeliebt: Schlechte Umfragewerte sind ein weiteres Problem, das beide teilen. Durchschnittlich 53 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben laut dem Meinungsforschungsportal "Five Thirty Eight" eine schlechte Meinung über Donald Trump, 58 Prozent kritisieren seine erneute Kandidatur. Die Umfragen zeigen ein grundlegendes Problem dieser Wahl: Die Mehrheit der Amerikaner ist mit beiden Kandidaten unzufrieden.
     
  3. Gerichtsprozesse: Fanatische Trump-Anhänger werden ihrem Idol wohl die Treue halten, egal wie die derzeit vier Strafverfahren ausgehen, wegen denen der Ex-Präsident vor Gericht steht. Doch die vielen Gerichtstermine kosten Trump wertvolle Wahlkampf-Zeit, und die bereits jetzt ausgesprochenen Strafen von rund einer halbe Milliarde US-Dollar kratzen sein Image als Firmenmagnat an. Dazu kommt das wohl bedeutendste Verfahren, in dem dem ehemaligen Präsidenten Verschwörung und Wahlbetrug vorgeworfen wird. Egal in welchem Prozess: Trump beteuert vor Gericht seine Unschuld und spricht von einer politischen "Hexenjagd".
     
  4. Den Konservativen zu radikal: Die Republikaner sind hinter ihrem Präsidentschaftskandidaten geeinter als die Demokraten. Doch auch in der "Grand Old Party" gibt es Widerstand. Konservative Wählerinnen und Wähler haben sich bei "Republican Voters against Trump" zusammengeschlossen und machen mobil: "Ich bin ein konservativer Republikaner", sagt zum Beispiel Dave aus Pennsylvania dort. "Aber ich kann die Lügen, den Betrug und die illegalen Machenschaften, die Trump begangen hat, nicht ertragen." Auch ehemalige Parteigrößen wie Liz Cheney kritisieren ihn öffentlich, und Nikki Haley rief ihre Wählerschaft nach ihrem Rückzug als Kandidatin nicht wie sonst üblich dazu auf, für den siegreichen Konkurrenten zu stimmen.
     
  5. Er beleidigt Wählergruppen: Der Ex-Präsident profitiert derzeit von einem Phänomen, das US-Medien als "Trump-Amnesie" bezeichnen. Einige Wählerinnen und Wähler scheinen das Chaos seiner Präsidentschaft vergessen zu haben – es kann ihnen auch weniger wichtig sein. Doch beleidigte und vergrämte er regelmäßig relevante Wählergruppen: Frauen, queere Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund, Mitarbeitende in Behörden. "Sie wissen, was sie an Biden nicht mögen, und sie haben vergessen, was sie an Trump nicht mögen", sagte die republikanische Beraterin Sarah Longwell der "New York Times". Das könnte sich aber ändern, wenn Trump mit der gesicherten Kandidatur wieder mehr im Scheinwerferlicht steht.