Koma-Patientin Bush unterzeichnet Sondergesetz

Sie kann nicht leben und darf nicht sterben: Um den Tod von Koma-Patientin Terri Schiavo zu verhindern, unterbrach US-Präsident Bush seinen Osterurlaub um ein eigens dafür erlassenes Gesetz zu unterzeichnen.

US-Präsident George W. Bush und der Kongress haben am Montag in das Ringen um Leben oder Tod der Koma-Patientin Terri Schiavo eingegriffen. US-Präsident George W. Bush setzte mit seiner Unterschrift am frühen Montag ein entsprechendes Gesetz in Kraft, das nur eine halbe Stunde zuvor vom Abgeordnetenhaus nach einer außergewöhnlichen Nachtsitzung verabschiedet worden war.

Der Senat hatte bereits am Sonntag für das Gesetz gestimmt, nach dem jetzt Bundesgerichte über das Schicksal der 41-Jährigen entscheiden können. Bislang lag dies in der Verantwortung der Gerichte des Staates Florida. Sie hatten nach jahrelangem juristischen Streit entschieden, Schiavo sterben zu lassen. Am vergangenen Freitag war die künstliche Ernährung der 41-Jährigen eingestellt worden. Sie liegt seit 15 Jahren im so genannten Wachkoma. Ihre Eltern kämpfen um ihr Weiterleben. Der Ehemann setzt sich dagegen für eine Abschaltung der Geräte ein.

Bush unterbricht seinen Osterurlaub

Die Entscheidung des US-Abgeordnetenhauses fiel nach dreistündiger Debatte eine halbe Stunde nach Mitternacht mit 203 zu 58 Stimmen. Bush hatte eigens seinen Osterurlaub in Texas unterbrochen und war nach Washington zurückgekehrt, um das Gesetz schnell unterzeichnen zu können. Die Eltern von Schiavo wollten daraufhin umgehend beantragen, die ausgesetzte Nahrungsmittelversorgung wieder in Gang zu setzen.

«Lasst uns zu Terri gehen und ihr die gute Nachricht überbringen», sagte der Vater Bob Schindler vor dem Hospiz in Florida, in dem seine Tochter lebt. Dort hatten sich seit Tagen Dutzende Sympathisanten versammelt, die die Entscheidung im Abgeordnetenhaus in der Nacht über Radio und Fernsehen verfolgten. Seine Tochter habe gelächelt, als er ihr sagte, dass sie bald Frühstück bekäme, sagte Schindler anschließend. Terri Schiavo ist seit einem Herzstillstand 1990 im Wachkoma. Nach übereinstimmender Meinung der Ärzte ist ihr Gehirn irreparabel geschädigt und sie kann nichts verstehen oder aktiv am Leben teilnehmen. Die Eltern bestreiten dies.

Der Ehemann kämpft gegen die Eltern

Ihr Mann, Michael Schiavo, und Freunde sagen, sie habe mehrfach gesagt, sie wolle in einem solchen Zustand nicht am Leben gehalten werden. Michael Schiavo kämpft seit 1998 dafür, seine Frau sterben zu lassen. Sämtliche Gerichte in Florida sprachen ihm das Recht zu, die Nahrungsmittelversorgung für seine Frau zu stoppen. Die Eltern hatten in einem siebenjährigen Streit mit dem Ehemann von Schiavo alle Rechtsmittel in Florida ausgeschöpft. Das neue Gesetz lässt nun eine bislang nicht mögliche Prüfung des Falls durch Bundesgerichte zu.

Ein Anwalt Michael Schiavos sagte, das Sondergesetz verstoße gegen die Verfassung. "Nach unserer Auffassung ist es ein absoluter Angriff auf die Gewaltenteilung", sagte Hamden Baskin im US-Sender CNN. Auf Staatsebene hatte Gouverneur Jeb Bush, Bruder des Präsidenten, bereits zu Gunsten der Eltern der Patientin in den Fall eingegriffen: Mit "Terris Gesetz" erreichte er 2003, das eine bereits entfernte Magensonde wieder eingesetzt wurde. Das Gesetz wurde später als verfassungswidrig eingestuft und aufgehoben. Vor Jeb Bush hatte ein Richter in Florida 2001 die Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung angeordnet.

Nachtsitzung des Parlaments

Republikaner und Demokraten hatten ihre Standpunkte in der Nachtsitzung in einer teils hoch emotional geführten Debatte dargelegt. Der demokratische Abgeordnete Melvin Watt kritisierte die Millionenausgaben für die außerordentliche Nachtsitzung, um sich mit der Versorgung einer einzigen Frau zu befassen, während tausende Kinder auf Grund der Politik der Regierung hungrig zu Bett gehen müssten. Der konservative Mehrheitsführer Tom DeLay, der seit Tagen für das Gesetz gekämpft hatte, schloss die Debatte mit den Worten: "Sie ist immer noch unter uns. Terri wartet auf unsere Entscheidung." Insgesamt stimmten 53 Demokraten gegen das Gesetz, 47 dafür.

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