Mindestens 14 Raketen seien von israelischen Hubschraubern aus abgeschossen worden, sagten Augenzeugen. Es sei eine palästinensische Waffenfabrik zerstört worden, teilte die israelische Armee mit. Zuvor hatte der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon das Sicherheitskabinett seiner Regierung einberufen. Israelischen Rundfunkberichten zufolge wurden dort verschiedene militärische Reaktionen beraten. Scharon hatte die beiden Anschläge in Tel Aviv der Palästinenser-Führung angelastet. Die Zahl der Todesopfer der Selbstmordattentate stieg in der Nacht weiter.
In der Fabrik in einem südlichen Viertel von Gaza-Stadt seien vor allem Werfergranaten hergestellt worden, sagte die Sprecherin der israelischen Armee. Augenzeugen sagten, die Raketen seien auf Ziele im Zentrum der Millionenstadt abgefeuert worden. Andere Palästinenser sagten, außerhalb des palästinensischen Flüchtlingslagers Rafah im Süden von Gaza-Stadt ziehe die israelische Armee Truppen zusammen. Soldaten hätten das dreistöckige Haus eines Palästinensers gesprengt, der zu der radikalen Gruppe Islamischer Dschihad gehöre. Die Gruppe hat die Zerstörung Israels zum Ziel und hat sich zu mehreren Attentaten bekannt.
Bei den Attentaten in Tel Aviv rissen zwei Palästinenser am Sonntagabend mindestens 25 Menschen mit in den Tod und verletzten mehr als hundert Menschen. Die beiden zündeten ihre Bomben in zeitlich und räumlich geringen Abständen in der Nähe des alten Busbahnhofs von Tel Aviv. In dem Viertel leben viele Gastarbeiter aus Osteuropa, Afrika, China und Thailand.
So viele Menschen wie möglich sollten sterben
„Die Leute, die diesen Ort ausgesucht haben, wollten das schlimmstmögliche Ergebnis erzielen“, sagte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums am Ort der Anschläge. „Was wir heute gesehen haben, ist, dass der palästinensische Terrorismus so viele Menschen wie möglich umbringen will.“ Der Polizei zufolge hatten die Attentäter starke Sprengsätze bei sich. Sie seien mit Metallteilen bestückt gewesen, „um die Zahl der Toten zu erhöhen“, sagte ein Sprecher. „Ich war schon an vielen Orten dieser Art“, sagte der Mitarbeiter eines Beerdigungsdienstes. „Aber das hier ist einer der blutigsten, den ich je gesehen habe.“
Die Anschläge waren die ersten dieser Art in Israel seit sechs Wochen. Ende Januar wählt Israel sein Parlament neu. Umfragen zufolge liegt Scharon mit seiner offensiven Sicherheitspolitik vorne. Seit mehr als zwei Jahren hält ein Aufstand der Palästinenser gegen Israel an, bei dem bislang rund 2.400 Menschen ums Leben gekommen sind, viele bei Attentaten.
Zu den Anschlägen in Tel Aviv bekannten sich die El-Aksa-Brigaden, ein militanter Ableger der Fatah, der politischen Strömung von Palästinenser-Präsident Jassir Arafat. Die beiden Attentäter aus Nablus hätten sich für die Zerstörung palästinensischer Häuser gerächt, teilte die Gruppe mit. Die Palästinenser-Führung verurteilte die Taten als terroristisch und wies den Vorwurf einer Mitverantwortung zurück.
Angaben der Palästinenser-Regierung zufolge hat die israelische Armee seit Beginn des Aufstands 3.000 palästinensische Häuser zerstört. Das Vorgehen soll israelischen Angaben zufolge weitere Anschläge verhindern und die Verstecke gewalttätiger Aufständischer zerstören.
US-Präsident George W. Bush, Bundesaußenminister Joschka Fischer sowie die Vertreter zahlreicher weiterer Staaten verurteilten die Attentate als abscheulich und bar jeder Rechtfertigung. Die USA seien jedoch entschlossen, ihre Bemühungen um einen Frieden im Nahen Osten fortzusetzen, sagte Bush, „ein Ziel, das die Terroristen zerstören wollen.“