Kosovos Präsident Fatmir Sejdiu hat überraschend seinen Rücktritt eingereicht. Der 58-jährige Politiker zog damit am Montag die Konsequenzen aus einem Urteil des Verfassungsgerichts, wonach er gegen die Verfassung seines Landes verstoßen hat. Sejdiu wurde angelastet, dass er nach seinem Amtsantritt als Staatschef seinen Posten als Vorsitzender der Partei Demokratische Liga des Kosovo (LDK) behalten hatte.
"Ich habe heute meinen Rücktritt vom Amt des Präsidenten des Kosovo eingereicht", sagte Sejdiu bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Pristina. Er sei überzeugt gewesen, dass sein Verbleib im Amt des LDK-Vorsitzenden nicht die Verfassung verletze. "Das Gericht ist anderer Ansicht, und ich respektiere das Urteil", sagte er.
Sejdiu war seit Februar 2006 Präsident inne und führte zugleich den LDK-Vorsitz weiter. Insgesamt 32 Abgeordnete hatten deshalb das Verfassungsgericht angerufen, das die Doppelfunktion am vergangenen Freitag als "ernsten" Verstoß gegen die Verfassung wertete. Die LDK gehört der Koalition von Ministerpräsident Hashim Thaci an, der die Regierungsgeschäfte führt. Die Aufgaben des Präsidenten beschränken sich dagegen weitgehend auf den außenpolitischen Bereich.
Gemäß der kosovarischen Verfassung übernimmt Parlamentspräsident Jakup Krasniqi von Thacis Demokratischer Partei des Kosovo übergangsweise den Posten Sejdius. "Jeder unserer Schritte wird auf der Grundlage der Verfassung und im Interesse des Landes und der Bürger erfolgen", sagte Krasniqi. Ein Nachfolger für Sejdiu werde in einem "normalen Vorgang" bestimmt. Der Verfassung zufolge muss das Staatsoberhaupt von zwei Dritteln der 150 Abgeordneten im Parlament von Pristina gewählt werden.
Sejdiu war im Februar 2006 zum Präsidenten gewählt worden, nachdem sein Vorgänger Ibrahim Rugova an Lungenkrebs gestorben war. Er gilt als gemäßigter Politiker, der das Kosovo in die EU und in die NATO führen wollte. Gemeinsam mit seinem Vorgänger Rugova hatte sich Sejdiu für die Unabhängigkeit des Kosovo eingesetzt, die die frühere serbische Provinz im Februar 2008 schließlich einseitig ausrief. Sejdiu hatte sich Rugovas gewaltfreiem Widerstand gegen die autokratische Regierung von Slobodan Milosevic im ehemaligen Jugoslawien angeschlossen. Anfang der 90er Jahre hatte er ein Referendum über die Unabhängigkeit des Kosovo organisiert, das von Belgrad nie anerkannt wurde.
Auch die einseitige Unabhängigkeitserklärung vom Februar 2008 weist die serbische Regierung zurück, der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag erklärte den Schritt Ende Juli allerdings für vereinbar mit dem Völkerrecht. Bislang erkannten 70 Staaten die Unabhängigkeit des Kosovo an, darunter die USA, Deutschland und die meisten EU-Staaten.