Schon nach wenigen Minuten weiß Nikki Haley, dass es ein ungemütlicher Abend wird. Erst wird sie von Vivek Ramaswamy, einem 38-jährigen Millionär, als "korrupt" bezeichnet, kurz darauf sogar als "Faschistin", weil sie für eine Klarnamen-Pflicht im Internet wirbt. Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, bezichtigt sie immer wieder der Lüge. Und Chris Christie, einstiger Trump-Loyalist und nun dessen schärfster Kritiker in der Öffentlichkeit, wirft der früheren UN-Botschafterin vor, sich nicht deutlich genug vom Ex-Präsidenten zu distanzieren. Drei Männer gegen Nikki Haley.
Zum vierten Mal haben am späten Mittwochabend amerikanischer Zeit die republikanischen Präsidentschaftskandidaten miteinander diskutiert. Fünf sind noch im Rennen, vier standen auf der Bühne in Tuscaloosa in Alabama. Donald Trump hat die Einladung erneut ausgeschlagen. Er verweist auf die nationalen Umfragen, in denen er teilweise mehr als 40 Prozentpunkte Vorsprung vor seinen Konkurrenten hat. Warum sollte er mit Leuten diskutieren, die eh keine Chance gegen ihn haben? So denkt Trump, geschadet hat ihm diese Haltung bislang nicht.
Die vier verbliebenen Trump-Konkurrenten können einander womöglich nicht ausstehen, sie alle verfolgen aber einen ähnlichen Plan. Sie wollen in den frühen Vorwahlen ab Januar einen Überraschungserfolg erzielen – konkret geht es um Iowa, New Hampshire und South Carolina. In diesen Staaten ist der Abstand zwischen Trump und seinen Verfolgern geringer. Falls hier einer oder eine gewinnen könnte, gerät Trump womöglich ins Stocken – so zumindest die Hoffnung. Damit das gelingt, müssten die Trump-Verfolger sich auf eine Person einigen, die es mit dem Ex-Präsidenten aufnehmen soll. Doch bislang kämpfen sie untereinander und nicht gegen Trump.
Womöglich ändert sich das nach den ersten Vorwahlen. In New Hampshire und South Carolina liegt Nikki Haley auf dem zweiten Platz, in Iowa kämpfen Ron DeSantis und sie noch darum. Der Gouverneur von Florida hatte in den vergangenen Monaten versucht, sich als der erfolgreichere Trump zu positionieren. Die Strategie ging nicht auf, DeSantis hat nur noch Außenseiterchancen.
Großunternehmen und Milliardäre kämpfen für Nikki Haley
Nikki Haley wird nun von finanzstarken konservativen Gruppen unterstützt. Kürzlich verkündete der Milliardär Charles Koch, dass er mit seiner Wahlkampforganisation Haley helfen werde. Er dürfte Millionen für Wahlwerbespots in den besonders umkämpften Vorwahlstaaten bereitstellen. Geld ist nicht der ausschließliche Weg zum Erfolg in US-Wahlen, aber ein überaus wichtiger.
In der TV-Debatte wurde Haley von DeSantis und Ramaswamy immer wieder dafür kritisiert, dass Milliardäre und große Unternehmen zu ihren Spendern und Unterstützern gehören. "Ihr seid ja nur eifersüchtig", entgegnete die Tochter von indischen Einwanderern. Die Attacken gegen Haley mögen plump gewesen sein, treffen aber einen kritischen Punkt. Die republikanische Partei hatte sich über Jahrzehnte auch als Partei der Wirtschaft verstanden. Doch spätestens mit Trumps Eintritt in die Politik, versteht sich die selbsternannte "Grand Old Party" als Anwalt der weißen Arbeiterschaft. In Teilen der Partei gilt es als anrüchig, wenn Großunternehmen versuchen Einfluss zu nehmen. Das könnte Haley in den Vorwahlen schaden.
Chris Christie, der frühere Gouverneur von New Jersey, liegt in New Hampshire an dritter Stelle, ihm werden kaum Chancen auf die Präsidentschaftskandidatur eingeräumt. Das liegt auch daran, dass er immer wieder vor Trump warnt und so die republikanische Basis gegen sich aufbringt. Bei der TV-Debatte in Alabama entwickelte Christie ein interessantes Gedankenspiel.
Der 61-Jährige wandte sich direkt an die Zuschauer und sagte, sie könnten bei der Präsidentschaftswahl im November 2024 von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und über den nächsten Präsidenten bestimmen. Sollte Donald Trump in den nächsten Monaten bis zur Wahl für mögliche Straftaten verurteilt werden, hätte er dieses Recht hingegen verwirkt. In den USA dürfen Straftäter nämlich nicht wählen. Christies Botschaft: Wollt ihr wirklich jemanden als Kandidaten, der womöglich im Gefängnis säße, wenn er erneut ins Amt gewählt werden würde?
Christie wurde für seine Worte ausgebuht. Mit seiner Strategie, Trump zu dämonisieren, hat er keinen Erfolg. Ron DeSantis steht nach einer völlig missglückten Kampagne vor einem Scherbenhaufen. Ramaswamy fällt mit starken Meinungen auf, liegt in den Umfragen aber weit zurück. Es bleibt: Nikki Haley. Wenn Sie gegen Trump eine Chance haben will, bräuchte sie die Unterstützung und Stimmen ihrer Konkurrenten. Doch im Moment heißt es: Drei gegen Haley. Für Donald Trump ist das eine gute Nachricht.