Bei einer gewaltsamen Demonstration vor einem Camp der Bundeswehr in der nordafghanischen Provinzhauptstadt Talokan sind am Mittwoch drei deutsche Soldaten verletzt worden. Zwei seien leicht, der andere mittelschwer verletzt, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am Mittwochnachmittag auf seiner Internetseite mit. Beide seien aber in einem stabilen Zustand. Der Gouverneur der Provinz Tachar, Abdul Jabar Taqwa, erklärte, Aufrührer hätten Handgranaten in das Lager geworfen. Nach Angaben der afghanischen Behörden wurden zwölf Demonstranten getötet, mehr als 80 weitere wurden verletzt. Auch vier afghanische Wachleute trugen Verletzungen davon.
Auslöser der Proteste waren Vorwürfe gegen die Internationale Schutztruppe Isaf, sie habe vier Zivilisten getötet. Nach Isaf-Angaben handelte es sich dagegen um Aufständische. Die Bundeswehr war nach Angaben eines Sprechers nicht an dem nächtlichen Einsatz beteiligt. Ein Demonstrant, der Verletzte ins Krankenhaus brachte, berichtete, zunächst habe die Polizei auf Demonstranten geschossen, als Aufrührer eine äußere Absperrung vor dem Camp in Brand steckten. Dann seien deutsche Soldaten aus dem Lager gekommen. Er machte keine Angaben dazu, ob auch die Bundeswehr das Feuer eröffnete. Nach Informationen des Mannes waren einige der rund 2000 Demonstranten bewaffnet.
Die Bundeswehr unterhält in Talokan nur ein kleines Camp - ein sogenanntes Provinz-Beratungsteam (Provincial Advisory Team) - mit rund 20 bis 40 Soldaten. Der Gouverneur sagte, Stammesälteste hätten inzwischen interveniert. Die Situation komme langsam wieder unter Kontrolle.
Isaf tötete zwei Männer und zwei Frauen
Die Menschen in Talokan demonstrierten gegen eine Isaf-Operation in der Stadt in der Nacht zu Mittwoch, bei der zwei Frauen und zwei Männer getötet wurden. Der Polizeichef Tachars, Schah Dschehan Nuri, sagte: "Sie waren alle Zivilisten." Er verurteilte die Operation, die nach seinen Worten nicht mit afghanischen Sicherheitskräften abgesprochen war.
Die Nato-geführte Isaf teilte dagegen mit, es habe sich um Angehörige der Islamischen Bewegung Usbekistans gehandelt. Afghanische und ausländische Truppen hätten die vier Aufständischen - darunter zwei bewaffnete Frauen - getötet. Bei den ausländischen Kräften bei nächtlichen Operationen handelt es sich in der Regel um US-Spezialeinheiten.
Am Mittwoch versammelten sich daraufhin hunderte Männer in einem Park im Zentrum Talokans. Aufgebrachte Demonstranten riefen Parolen gegen die USA und die afghanische Regierung. Die Demonstration wurde gewalttätig, als ein Mob Poster von Präsident Hamid Karsai zerriss und Steine auf das Polizei-Hauptquartier und das deutsche Lager warf. An mehreren Stellen in der Stadt waren Schüsse zu hören. Ein DPA-Reporter in Talokan berichtete, Bundeswehr-Panzerfahrzeuge hätten am Stadtrand Stellung bezogen. Afghanische Soldaten seien in die Stadt verlegt worden.
Bei einer gewaltsamen Demonstration in der nordafghanischen Stadt Masar-i-Scharif waren zu Beginn des vergangenen Monats vier nepalesische und drei europäische UN-Mitarbeiter von einem Mob getötet worden. Auch vier Demonstranten waren ums Leben gekommen. Die Proteste hatten sich gegen eine Koran-Verbrennung in den USA gerichtet.