Afghanistan Acht ausländische UN-Mitarbeiter getötet

Ein radikaler US-Priester verbrennt einen Koran. Ein Vorbeter in einer Moschee im afghanischen Masar-i-Scharif wiegelt die Gläubigen auf. Die Folge: Ein aufgebrachter Mob dort zieht zur örtlichen UN-Zentrale in der Provinzhauptstadt - und tötet acht Ausländer.

Bei Protesten gegen eine Koran-Verbrennung in den USA haben Demonstranten im nordafghanischen Masar-i-Scharif die dortige UN-Zentrale angegriffen und mindestens acht Ausländer getötet. Der Sprecher der afghanischen Polizei für die Nordregion, Lal Mohammad Ahmadsai, sagte, bei allen acht Toten habe es sich um ausländische Mitarbeiter der Vereinten Nationen gehandelt. Drei davon seien nepalesische Wachmänner gewesen, eine Tote unter den Offizieren sei Norwegerin. Ein weiteres Opfer kam aus Schweden, bestätigte das Außenministerium in Stockholm. Die Nationalität der anderen Toten war zunächst nicht bekannt. Auch fünf Demonstranten wurden getötet.

US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilten die tödliche Attacke. Bei den Getöteten und Verletzten habe es sich um "tapfere Männer und Frauen" gehandelt, die sich für den Aufbau von Afghanistan durch die eingesetzt hätten, sagte Obama in Washington. Auf deutschen Antrag wollte der UN-Sicherheitsrat noch am Freitagabend in New York zusammentreten.

Ban sagte bei einem Besuch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi: "Das war ein abscheulicher und feiger Anschlag auf Mitarbeiter der Vereinten Nationen, der unter keinen Umständen gerechtfertigt werden kann." Er habe seinen Sondergesandten Staffan de Mistura angewiesen, sofort zum Anschlagsort im nordafghanischen Masar-i-Scharif zu eilen, um die Hintergründe zu klären.

Einige UN-Mitarbeiter wurden enthauptet

Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte sich entsetzt. Für die UN-Mitarbeiter habe ihr Einsatz für Afghanistan den höchsten Preis gefordert. Nach Angaben der Polizei wurde ein UN-Mitarbeiter verletzt. Die russische Botschaft in Kabul teilte nach Angaben der Agentur Interfax mit, der russische Leiter der UN-Mission in Masar-i-Sharif sei verletzt worden. Ein Polizeibeamter, der ungenannt bleiben wollte, sagte, einige der ermordeten UN-Mitarbeiter seien enthauptet worden.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde in der Provinzhauptstadt Masar-i-Scharif wurden bei den Ausschreitungen außerdem fünf Demonstranten getötet und 20 weitere verletzt. Die Toten und die Verletzten seien ins Krankenhaus gebracht worden, sagte Behördenchef Mirwais Rabeh. Die Opfer hätten Schussverletzungen.

Der Sprecher der Regierung der Provinz Balch, Munir Ahmad Farhad, sagte, hunderte Menschen hätten von einer Moschee ausgehend zunächst friedlich demonstriert. Die Proteste seien gewalttätig geworden, als die Männer das UN-Büro erreicht hätten. Der Mob habe die Wachmänner überwältigt, das UN-Gelände gestürmt und das Gebäude in Brand gesteckt. Polizisten, die zur Verstärkung anrückten, seien mit Steinen beworfen worden. Nach Angaben aus der Polizei hatte ein Vorbeter in der Moschee die Menschen aufgewiegelt.

Reaktion auf die Verbrennung eines Korans

Am Flughafen von Masar-i-Scharif außerhalb der Stadt unterhält die Bundeswehr ihr größtes Feldlager in Afghanistan. Nach Angaben der Bundeswehr waren keine deutschen Soldaten involviert.

Die Proteste waren die Reaktion auf die Verbrennung eines Korans durch einen amerikanischen Priester vor wenigen Tagen. Die Verbrennung war international zunächst weitgehend unbeachtet geblieben. Ahmadsai sagte am Freitagabend, die Lage sei inzwischen unter Kontrolle. Polizisten hätten den Mob aufgelöst.

Am Freitag hatte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) seine Afghanistan-Reise in Kundus beendet. Zum Auftakt war er am Dienstag in Masar-i-Scharif gewesen.

DPA
che/DPA