Norman Birnbaum-Interview Bombardierungs-Ziel Bagdad war "zweite Wahl"

Bombardierungs-Ziel Bagdad war "zweite Wahl"

Hamburg - Der amerikanische Politikprofessor Norman Birnbaum hat der Regierung George Bush Selbstgerechtigkeit, Selbstgefälligkeit, Arroganz, gefährliche Aggressivität und zynische Verachtung für die eigenen Bürger vorgeworfen. In einem Interview in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des stern sagte er, die imperiale Vision von Amerika werde zusätzlich befeuert von fundamentalistisch-christlichen Ansichten. Bush halte weite Teile Amerikas für "dekadent, moralisch verkommen, viel zu sittenlos. Aus Sicht der christlichen Fundamentalisten war die Bombardierung Bagdads eher die zweite Wahl", sagte Birnbaum. "Die würden tatsächlich viel lieber Bomben auf New York oder San Francisco werfen: Für sie sind diese Städte zu modern, zu multikulturell, bevölkert mit zu vielen Künstlern und viel zu vielen Homosexuellen, igitt! Sündenpfuhl. Babel."

Amerika nannte der Gesellschaftskritiker "einen großen Kontinent, der die größte geistige Provinz" sei. "Beschämend primitive, unwissende Menschen bringt unser System hervor. Lehrer werden verachtet, sind unterbezahlt". 90 Millionen Amerikaner könnten kaum lesen, über 40 Millionen hätten keine Krankenversicherung. Er sei "erschüttert, wie bereitwillig eigentlich kluge Menschen in Europa die Schattenseiten unseres Landes ausblenden".

Birnbaum ist emeritierter Professor für Soziologie an der Georgetown University in Washington und gilt als einer der führenden Köpfe der politischen Linken in den USA. Er war Berater der Senatoren Robert Kennedy und Jesse Jackson.

Nachrichtenredaktion