Haiti hat in diesen Tagen die Chance, einen neuen Präsidenten zu wählen, um endlich einen Neuanfang einzuleiten. Doch im letzten Augenblick meldet sich mit Jean-Bertrand Aristide die Person zurück, die mehr als alle anderen die Zerrissenheit Haitis repräsentiert. Im Februar 2004 war der einstige Held der Armen und erste demokratisch gewählte Präsident Haitis abgesetzt und davongejagt worden.
Aristide wurde in bescheidenen Verhältnissen 1953 in Port-Salut im Süden Haitis geboren. Der intelligente Junge wurde von den Salesianern ausgebildet und 1983 zum Priester geweiht. Schon bald schloss er sich der Befreiungstheologie an und bekämpfte den Diktator Jean-Claude Duvalier (1971-1986). Er kritisierte auch die Haltung des Vatikans zu Haiti und wurde Ende der 1980er Jahre wegen seiner radikalen Positionen aus dem Orden der Salesianer ausgeschlossen.
Damals gründete er die Bewegung Lavalas, er scharte die Armen um sich und wurde im Dezember 1990 zum Präsidenten Haitis gewählt. Es folgte im September 1991 ein Putsch, Exil in Venezuela und den USA und die triumphale Rückkehr 1994 mit militärischer Unterstützung der USA. Nach fünf Jahren Pause, in denen er das Präsidentenamt seinem zeitweiligen Premierminister René Préval überlassen musste, weil die haitianische Verfassung zwei Amtszeiten nacheinander nicht erlaubt, begann Anfang 2001 Aristides zweite Präsidentschaft.
Und es begann der Abstieg mit Vorwürfen der Wahlfälschung und zunehmendem Widerstand im ganzen Land gegen Korruption und Misswirtschaft. Bald kam es zu schweren Zusammenstößen, die zu einer regelrechten Rebellion gegen Aristide heranwuchsen. Am 29. Februar verließ Aristide mit einem US-Flugzeug Haiti. Nach einem Zwischenaufenthalt in der Zentralafrikanischen Republik ging er ins Exil nach Südafrika.