Eine ältere Dame, die einen Wohnzimmertisch wie eine Offenbarung berührt. Ein junge Frau, die ihre Hände ehrfürchtig über eine Strukturtapete gleiten lässt. Dazwischen ein gesetzter Mann, der wohlwollend die glimmende Neonlampe an der Decke bewundert. Und was auf solchen Bildern nie fehlen darf: Jemand zeigt richtungsweisend auf etwas, das sich außerhalb des Kamerafokus befindet. Offiziell zeigt die Szene nordkoreanische Sportler in ihren nagelneuen Apartments, die ihnen das Regime als Dank für ihre Olympiateilnahme zur Verfügung stellt.
Es ist eines dieser typischen Bilder der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA, bei denen üblicherweise wenig dem Zufall überlassen wird - Gesten, Blicke und Orte sind stets sorgsam inszeniert. Umso erstaunlicher: der unfertig wirkende Fußboden. Links unten ist zu erkennen, dass das Laminat mitten im Raum aufhört. Zufall? Unaufmerksamkeit des Fotografen? Oder Absicht des Architekten? Dafür würde sprechen, dass eine kleine, goldfarbene Armatur den Belag abzuschließen scheint. Aber wie geht dieser Raum dann weiter? Deutet der junge Herr vielleicht auf eine Küchenzeile, die nicht im Bild zu sehen ist? Endet der Raum gar als Bad? Oder als Flur? Ist es überhaupt ein echtes Wohnzimmer oder nur eine Pappkulisse für propagandistisches Blendwerk? Jedenfalls: Für die in Show-PR geübte Diktatur ein ungewöhnliches Bild, weil es vielleicht mehr über das Land verrät, als es sollte.