Es ist ein historischer Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen. Insgesamt 13 Personen würden nach Deutschland gebracht, drei in die USA, zehn Personen im Gegenzug nach Russland. Unter den Freigelassenen sind der in Belarus verurteilte Deutsche Rico K., US-Journalist Evan Gershkovich, der ehemalige US-Soldat Paul Whelan, sowie der russische Tiergartenmörder Wadim Krassikow.
Sowohl die deutsche, als auch die amerikanische Regierung bestätigten den Austausch, nachdem US-Medien bereits zuvor über den anstehenden Deal berichtet hatten. US-Präsident Biden sprach von einer "Meisterleistung der Diplomatie".
Erste Anzeichen für den Gefangenenaustausch hatte es in den vergangenen Tagen mit der Verlegung von Gefangenen aus russischen Gefängnissen gegeben. Auch die Todesstrafe gegen den Deutschen Rico K. in Belarus und seine schnelle Begnadigung durch Präsident Alexander Lukaschenko schürten Überlegungen, dass der womöglich größte Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit Ende des Kalten Krieges bevorstehen könnte.
Türkei soll Austausch koordinieren
Der Türkische Geheimdienst erklärte, der Austausch finde am Donnerstag statt und werde von ihm koordiniert.
Der "Spiegel" berichtete, gegen Mittag seien sowohl in Russland als auch in Deutschland Flugzeuge in Richtung Ankara gestartet. In der Maschine aus Moskau befindet sich demnach der US-Reporter Gershkovich. In einem Flieger aus Deutschland sitze auch der sogenannte Tiergartenmörder Wadim Krassikow, der in Deutschland im Dezember 2021 wegen der Ermordung eines tschetschenisch-georgischen Dissidenten im Berliner Tiergarten zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.
Joe Biden dankt Bundeskanzler Scholz
US-Präsident Joe Biden hat Kanzler Olaf Scholz für seinen Beitrag zu dem großangelegten Gefangenenaustausch mit Russland gedankt. "Ich bin vor allem dem Bundeskanzler zu großem Dank verpflichtet", sagte Biden bei einer Ansprache im Weißen Haus in Washington, bei dem Angehörige der aus russischer Haft freigelassenen Amerikaner dabei waren. Angesichts der Forderungen aus Russland habe er "erhebliche Zugeständnisse" von Deutschland erbitten müssen.
Ursprünglich habe Deutschland diese "wegen der fraglichen Person" nicht erfüllen können. Doch am Ende habe Deutschland seinen Beitrag geleistet, ebenso wie mehrere andere Länder, die an den Verhandlungen beteiligt gewesen seien. "Dieser Deal wäre nicht möglich gewesen ohne unsere Verbündeten, Deutschland, Polen, Slowenien, Norwegen und die Türkei, die sich alle an unsere Seite gestellt haben", sagte Biden.
Scholz hat die Freilassung Krasikows mit der Gefahr für Leib und Leben in Russland inhaftierter deutscher Staatsbürger begründet. "Niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben", sagte Scholz am Donnerstagabend am Flughafen Köln/Bonn.
In diesem Fall habe das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Strafe abgewogen werden müssen "mit der Freiheitsgefahr für Leib und in einigen Fällen auch des Lebens unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politischen Inhaftierter". Für die Bundesregierung sei entscheidend gewesen, "dass wir eine Schutzverpflichtung haben gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA".
Kritik an dem Austausch kommt derweil von CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter: "Ich fürchte, dass mit der Freilassung des verurteilten Tiergarten-Mörders ein Präzedenzfall geschaffen wird, der von Russland politisch massiv ausgenutzt werden kann", sagte er am Donnerstag dem "Tagesspiegel". Russland sei "ein Terrorstaat, der mittlerweile gezielt versucht, Geiseldiplomatie zu etablieren". Dies müsse bei allen Möglichkeiten einer Befreiung politischer Gefangener berücksichtigt werden.
Russland äußert sich nicht zu Freilassungen
Wladimir Putin hatte zuletzt wiederholt seine Bereitschaft für einen Austausch erklärt. Der Kremlchef steht in der Kritik, politische Gefangene als Geiseln zu nutzen, um Russen aus westlichen Gefängnissen freizupressen. In den vergangenen Tagen verdichteten sich dann die Hinweise, dass ein Austausch unmittelbar bevorstehen könnte.
Der Kreml hatte bisher jeden Kommentar zu einem möglichen Gefangenenaustausch mit dem Westen abgelehnt. "Ich habe dazu noch immer keinen Kommentar abzugeben", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau. Derzeit wird über einen Gefangenenaustausch spekuliert, der in den kommenden Tagen oder gar in den kommenden Stunden stattfinden könnte. Er könnte von Seiten Moskaus in Russland inhaftierte US-Bürger sowie russische Oppositionelle betreffen.
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