Eine italienische Staatsanwaltschaft hat Kreisen zufolge gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingeleitet. Berlusconi werde vorgeworfen, die nationale TV-Aufsicht zur Absetzung regierungskritischer Talk-Shows aufgefordert zu haben, hieß es am Montag in den Kreisen aus dem Umfeld der Untersuchung weiter. Demnach liegen Aufzeichnungen eines abgehörten Telefonats des Regierungschefs mit einem Mitglied der Aufsichtsbehörde Agcom vor, in dem Berlusconi die Streichung mehrerer Programme des öffentlich-rechtlichen Senders RAI verlangt habe.
Die Ermittlungen wurden demnach von der Staatsanwaltschaft im süditalienischen Trani eingeleitet, wo das Telefonat abgehört wurde. Der konservative Regierungschef hat Medien und Staatsanwaltschaften wiederholt für eine angeblich voreingenommene und feindliche Haltung gegenüber seiner Politik kritisiert.
Das ist ein grotesker Vorstoß
In Berlusconis Büro hieß es, das Amt sei nicht über die Untersuchung informiert. Die Anwälte des Ministerpräsidenten forderten die Staatsanwaltschaft von Trani am Montag auf, sie offiziell zu informieren, ob es Ermittlungen gebe.
Berlusconi reagierte mit scharfer Kritik auf die seit Tagen anhaltenden Spekulationen in den italienischen Medien. Er sei schockiert davon, dass er abgehört werde, sagte er und wies alle Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft verstoße mit ihrem Vorgehen gegen das Gesetz. "Das ist ein grotesker Vorstoß", sagte Berlusconi. "Der Ministerpräsident hat das Recht zu telefonieren, mit wem er will - ohne dabei abgehört zu werden", sagte er dem staatlichen Rundfunk.
Das Justizministerium entsandte Beamte nach Trani, um zu überprüfen, ob und wie die dortige Staatsanwaltschaft abgehörte Telefonate nutzt. Medienberichten zufolge wurde das Gespräch Berlusconis im Rahmen von Ermittlungen in einem anderen Fall abgefangen.