Ein wenig wundert sich Salman Rushdie heute selbst, wie naiv er war. Ein Buch zu schreiben, in dem der Prophet Mohammed an verschiedene Götter glaubt und seine Frauen in einem Bordell arbeitet. Niemand wäre heute überrascht, wenn es deshalb zu Protesten in der islamischen Welt käme. "Wir lebten damals in unbedarfteren Zeiten", sagt Rushdie in einem Interview mit dem stern.
Als seine "Satanischen Verse" vor 25 Jahren erschienen, war Salman Rushdie ein bereits erfolgreicher Schriftsteller. Aber erst dieses Buch machte ihn vorübergehend zum bekanntesten und umstrittensten Autor der Welt. Denn der iranische Ayatollah Chomeini hatte im Februar 1989 eine Fatwa erlassen: Gläubige hatten das Recht, den Autor des Buches wegen "Gotteslästerung" zu töten. Ein Kopfgeld von einer Million Dollar war auf ihn ausgesetzt.
Bereut hat Rushdie sein Buch dennoch nie. Rücksicht auf die Meinung von Millionen Gläubige zu nehmen, hält er für falsch. "Man kann Ideen nicht einzäunen. Ich halte Gott nun mal für eine lächerliche Idee. Und ich sollte das Recht haben, das auch zu sagen." Wer sein Buch nicht mag, müsse es ja auch nicht lesen, so Rushdie.
Die Fatwa besteht immer noch
Zwar ist die Fatwa nie zurückgenommen worden, aber schon seit Jahren kommt Salman Rushdie ohne Leibwächter aus. Auch beim Interview mit dem stern gibt es nicht mehr die Sicherheitsbeamten, die ihn einst rund um die Uhr bewachten und von einem "safe house" zum nächsten brachten. Wenn Rushdie heute von den Jahren des Versteckspielens spricht, wirken seine Schilderungen wie aus einer anderen Zeit und einer anderen Welt.
"Tatsächlich habe ich nicht vorhergesehen, wie sehr sich der Islam verändert hatte" sagt er und schildert, wie normal Diskussionen über die Ursprünge der Religion in seiner Familie war, unter Muslimen im Bombay der 50er Jahre. Denn um nichts anderes ging es dem Schriftsteller damals: Er nahm die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Entstehung des Islam auf der arabischen Halbinsel im 7. Jahrhundert zum Anlass, daraus einen Roman zu fertigen.
Über sein Leben in ständiger Furcht vor einem Attentat, über seine gescheiterten Ehen und über seine Lehren aus Jahren im Untergrund, bewacht vom britischen Geheimdienst, sprach Rushdie ausführlich mit dem stern.