August Felix wurde auf der Auffahrt zu einer Wohnanlage brutal zusammengeschlagen. Als die Polizei eintraf, konnte er sich kaum noch bewegen, wenig später starb er im Krankenhaus. Junge Leute hätten ihn überfallen, sagte der Obdachlose vor seinem Tod, fast noch Kinder. Der einzige Grund für die Bluttat der mutmaßlichen Täter im Alter von 15 und 16 Jahren laut Polizei: eine gewalttätige Laune. "Lasst uns jemanden zusammenschlagen" habe ihr Motiv gelautet, sagt Polizeisprecherin Barbara Jones.
Immer öfter werden Obdachlose in den USA Opfer von brutalen Übergriffen Jugendlicher. Nach Angaben der Nationalen Obdachlosenvereinigung gab es im vergangenen Jahr 142 Angriffe, 65 Prozent mehr als im Vorjahr. 20 Opfer überlebten die Gewalt nicht. Der Vorsitzende der "National Coalition For The Homeless", Michael Stoops, hält diese Zahlen noch für deutlich zu niedrig, weil Medien nur über besonders schwere Fälle berichteten. Besorgnis erregend sei außerdem, dass es solche Überfälle nicht mehr wie früher hauptsächlich in den Großstädten an der Ost- und Westküste gebe, sondern landesweit.
Die Nationale Obdachlosenvereinigung dokumentierte im vergangenen Jahr Übergriffe auf Wohnungslose in 26 US-Staaten. Schockierend ist dabei vor allem das Alter der Täter: 88 Prozent sind 25 Jahre oder jünger, mehr als zwei Drittel (68 Prozent) sind zwischen 13 und 19 Jahre alt. Weder in der Öffentlichkeit noch bei den Behörden erhalte das Thema die nötige Aufmerksamkeit, kritisiert Stoops: "Obdachlose gehören derzeit zur neuen Minderheitengruppe in Amerika, die man anscheinend hassen und verletzen kann", erklärt er. "Viele denken, sie sind weniger wert als der Rest von uns."
Obdachlose jagen als Sport
Erst der Fall des 58-jährigen Jacques Pierre, der auf einer Parkbank auf dem Gelände eines Colleges schlief und von Teenagern mit Baseballschlägern fast zu Tode geprügelt wurde, rüttelte viele US-Bürger wach. Denn der Angriff am 12. Januar 2006 in Fort Lauderdale wurde von einer Überwachungskamera gefilmt und weltweit gesendet. Zum ersten Mal hätten die Menschen "mit ihren eigenen Augen gesehen, wie Jugendliche obdachlose Menschen jagen und töten, als sei es ein Sport", sagt Sean Cononie, der ein Obdachlosenheim in Fort Lauderdale leitet.
Die Nationale Obdachlosenvereinigung berichtet von zahlreichen weiteren Fällen. So wurde ein Mann im US-Staat Montana an einer Bushaltestelle getötet, als er sich weigerte, einem 22-Jährigen eine Zigarette zu geben. In Spokane in Washington wurde ein einbeiniger Obdachloser in seinem Rollstuhl angezündet, er starb an seinen schweren Verbrennungen.
Mit brutaler Gewalt vor der Kamera protzen
Cononie sieht über diese hemmungslose Gewalt hinaus noch einen weiteren alarmierenden Trend: "Kids haben damit angefangen, sich bei ihren Angriffen mit Handys oder Kameras zu filmen. So etwas haben wir noch nie zuvor erlebt." Im texanischen Corpus Christi beispielsweise beschrieben drei junge Leute vor laufender Kamera, wie sie ihr Opfer quälen wollten - und hielten den Angriff später auf Video fest. Der Film zeigt laut Polizei, wie sie einem Mann in den Rücken treten, ihn festhalten und herumschleudern. Das Opfer überlebte mit einer schweren Gehirnerschütterung. Der jüngste der drei Täter war 15 Jahre alt. Andere sind noch jünger: In Daytona Beach überfielen Ende März drei Jugendliche in der Nacht einen Obdachlosen und schlugen ihn mit einem Betonblock nieder. Zwei der Angreifer waren erst zehn Jahre alt, der dritte 17.
Einige der Überfälle sind nach Angaben von Obdachlosen-Anwälten von so genannten "Bumfights" inspiriert. In den seit einigen Jahren über das Internet vertriebenen Videos schlagen sich Obdachlose für ein paar Dollar auf der Straße gegenseitig die Köpfe ein. Eine solche "Bumfight"-DVD hatte sich auch ein 19-Jähriger angesehen, der mit einem Aluminium-Baseballschläger auf einen auf dem Bürgersteig schlafenden Obdachlosen einprügelte. Der 56-Jährige lag wochenlang im Koma und ist seit dem Angriff auf einem Auge blind.