Es gebe eine "Vereinbarung", sagte Russlands Machthaber Wladimir Putin nach dem Gipfeltreffen mit Donald Trump. "Wir haben wirklich große Fortschritte gemacht", sekundierte der US-Präsident. Nur, was die beiden besprochen oder gar vereinbart haben, blieb nach dem Treffen in Alaska vollkommen offen. Die Pressestatements der Präsidenten waren nach wenigen Minuten vorbei, Fragen waren nicht zugelassen (alle aktuellen Entwicklungen rund um den Gipfel in Alaska lesen Sie im stern-Newsblog).
Europa muss sich selbst helfen
Und so rätselten anschließend nicht nur die Journalisten auf der Militärbasis in Alaska, was nun die konkreten Ergebnisse dieses Treffens waren. Donald Trump räumte ein: In einem wichtigen Bereich seien keine wesentlichen Fortschritte erzielt worden. Heißt: Frieden in der Ukraine wird es vorerst nicht geben, Russland wird seinen Angriffskrieg nicht einstellen. Politiker auf der ganzen Welt ziehen daraus ihre eigenen Schlüsse:
Bundeskanzler Friedrich Merz gab Samstag mit den Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien, Finnland sowies den EU-Spitzen eine gemeinsame Erklärung zum Treffen zwischen Trump und Putin ab. "Der nächste Schritt müssen nun weitere Gespräche unter Einschluss von Präsident Selenskyj sein", den Trump bald treffen werde, heißt es darin. Die Staaten erklärten sich bereit, "mit Präsident Trump und Präsident Selenskyj für einen Dreier-Gipfel mit europäischer Unterstützung zu arbeiten".
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bekräftigte, dass sich Europa bei seiner Sicherheit vor allem auf sich selbst besinnen muss. "Dieses Treffen hat erneut gezeigt, dass die Sicherheit Europas im Kern von uns Europäern selbst organisiert werden muss", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe sowie dem Nachrichtenportal "t-online" und der "Rheinischen Post".
Enttäuschung über Trump und Europa
Serap Güler, CDU-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, resümierte, es sei "kein guter Tag für die westliche Welt", ohne jedoch ins Detail zu gehen. Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München schrieb im Onlinedienst X, es sei unklar, in welchen Punkten Putin und Trump übereinstimmen. Anschließend äußerte sich auch im Gespräch mit dem stern:
Politikwissenschaftler Peter R. Neumann vom King's College in London sah außer "warmen Worten" nicht viel. "Es lief offenbar nicht gut", bewertete er bei X das Gipfeltreffen. "Kein Deal. Kein Waffenstillstand." CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte im ARD-Morgenmagazin: "Es ist eher ein schwarzer Freitag gewesen."
Der frühere Top-Diplomat Wolfgang Ischinger reagierte enttäuscht. Der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz schrieb auf der Plattform X: "Kein wirklicher Fortschritt – ganz klar 1:0 für Putin – keine neuen Sanktionen. Für die Ukrainer: nichts. Für Europa: tiefst enttäuschend." Putin habe seinen roten Teppich mit Trump bekommen, Trump dagegen nichts. Wie zu befürchten gewesen sei, gebe es keinen Waffenstillstand und keinen Frieden.
FDP-Politiker Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde gegenüber dem Sender Welt sehr deutlich: "Was wir geboten bekommen haben in zweieinhalb Stunden, war eine bitterböse Burleske. Im Grunde genommen ist dieser 15. August 2025 das Ende einer gemeinsamen westlichen Wertegemeinschaft."

Morgenstern – der Newsletter zum Tagesstart
Von Donald Trump bis Heidi Klum: Wir verraten Ihnen, was Sie am Morgen wirklich wissen müssen – kompakt, fundiert, unterhaltsam. Unser Briefing landet von Montag bis Freitag um 6.30 Uhr in Ihrem Postfach. Hier geht es zur Registrierung.
Die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner kritisierte die "völlige Normalisierung" des Kremlchefs. "Von Trump nichts mehr zu erwarten. Auf Europa konzentrieren", schrieb Brantner auf der Plattform X. Man benötige jetzt einen "maximalen Kraftakt der Europäer und wo nötig weiterer weltweiter Partner". Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sei nun am Zug.
Linken-Chef Jan van Aken schloss sich dem an: "Spätestens seit gestern Abend müsste allen hier in Europa klar sein, Donald Trump ist die Ukraine egal", sagte er am Samstag im ARD-"Morgenmagazin", und weiter: "Donald Trump denkt nur an Donald Trump und an die Interessen der USA."
Der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Markus Frohnmaier forderte Kanzler Merz auf, mit Putin zu reden. "Während Washington und Moskau neue Chancen für Entspannung eröffnen, hat Bundeskanzler Friedrich Merz Deutschland außenpolitisch ins Abseits geführt", teilte er mit. "Er (Merz) verweigert den direkten Dialog mit Putin, setzt stattdessen auf Maximalforderungen und wollte sich schließlich beim Gipfel ins Spiel bringen – vergeblich." Trump habe klargestellt, dass Europäer in diesem Prozess keinen Platz am Tisch hätten.
Zwei Politiker bleiben positiv
Einzig BSW-Chefin Sahra Wagenknecht konnte dem Gipfeltreffen etwas Positives abgewinnen. Dieses sei keine Enttäuschung gewesen, meinte Wagenknecht. "Dass sie sich überhaupt getroffen haben, ist schon ein diplomatischer Fortschritt im Vergleich zu den letzten Jahren. Es macht die Welt ein Stück sicherer, wenn die USA und Russland wieder auf höchster Ebene miteinander sprechen", führt Wagenknecht weiter aus. Zudem forderte sie Bundeskanzler Friedrich Merz und die anderen Europäer auf, dass sie "jetzt ihren Beitrag für ein Verhandlungsangebot mit einem realistischen Friedensplan leisten und auch Selenskyj in die Verantwortung holen."
Auch der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner zeigte sich zuversichtlich.Der "Rheinischen Post" sagte er: "Auch wenn der Presseauftritt der beiden "mehr politische Theatralik als Substanz enthielt, bleibt das Gespräch der beiden die bis dato größte Hoffnungsperspektive dafür, dass der Krieg in der Ukraine mit all den täglichen Opfern zeitnah endlich enden könnte".
Hinweis: Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert.