Äußerungen über Unabhängigkeit beider Staaten
Mit einer überraschend deutlichen Äußerung zum Status seines Landes hat der taiwanische Präsident Chen Shui-bian neuen Unmut Chinas auf sich gezogen. Taiwan und China seien zwei unabhängige Staaten, erklärte Chen am Samstag. Er sprach sich zudem dafür aus, eine Volksabstimmung zur Frage der endgültigen Trennung Taiwans von China abzuhalten. Vertreter der chinesischen Regierung warnten Chen daraufhin laut Zeitungsberichten, »nicht erneut mit dem Feuer zu spielen«.
»Unser Taiwan gehört niemand anderem«
»Unser Taiwan gehört niemand anderem«, sagte Chen in einer Fernsehansprache. »Unser Taiwan ist nicht die Provinz von jemand anderem.« Derart deutlich hat sich der Präsident seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren nicht zum Status seines Landes geäußert. Die pro-chinesische Hongkonger Tageszeitung »Wen Wei Po« rief Chen am Sonntag in einem Kommentar auf, nicht »die fundamentalen Interessen des taiwanischen Volkes auf Spiel zu setzen« und das Land nicht in eine Katastrophe zu führen. Auch bei der taiwanischen Opposition stießen Chens Äußerungen auf Protest, die ihm Verantwortungslosigkeit vorwarf.
China: Gewalttätige Wiedervereinigung nicht ausgeschlossen
Der chinesische Verteidigungsminister Chia Haotian hatte noch am Donnerstag anlässlich des 75. Jahrestags der Gründung der Volksbefreiungsarmee die Haltung Chinas bekräftigt, wonach Taiwan nur eine abtrünnige Provinz ist. China werde zwar alles tun, um eine friedliche Wiedervereinigung herbeizuführen, aber Gewalt sei auch nicht ausgeschlossen. Um das Ziel einer Vereinigung mit dem 1949 nach einem blutigen Bürgerkrieg abgespalteten Taiwan zu erreichen, hat China wiederholt mit Gewalt gedroht.
Kritik an den USA
China kritisierte unterdessen die USA dafür, in einem neuen Gesetz Taiwan gleichrangig mit den NATO-Staaten und anderen wichtigen Verbündeten aufgeführt zu haben. Das Pekinger Außenministerium äußerte am Samstag »starke Empörung« über das am Vortag von US-Präsident George W. Bush unterzeichnete Gesetz zum Internationalen Strafgerichtshof. Es nennt Taiwan neben den NATO-Staaten, Japan, Südkorea und anderen wichtigen Verbündeten der USA als Land, in das die USA unter bestimmten Voraussetzungen Truppen entsenden dürfen.